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Umsatzsteuer | Abgrenzung von Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigung gem. § 15a Abs. 7 UStG bei einem Scheingewerbetreibenden (FG)

Eine Veränderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse liegt nach § 15a Abs. 7 UStG auch beim Übergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG vor. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt des Leistungsbezuges Einkünfte aus Gewerbebetrieb (hier: aus Schlachterei) erklärte, obwohl er tatsächlich als Landwirt der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterlägen hätte (FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 17.5.2022 - 4 K 55/21, rkr).

Sachverhalt: Der Kläger hat seinen Betrieb von einer Schlachterei (Gewerbebetrieb) in eine Bullenmast (Landwirtschaft) umgewandelt. Die entsprechende Umqualifizierung der Einkunftsart machte er gegenüber dem Finanzamt erst einige Jahre später nach einem Wechsel in der steuerlichen Beratung geltend.

Im Anschluss an eine Außenprüfung kürzte das Finanzamt die zuvor für die „Schlachterei“ gezogene Vorsteuer gemäß § 15 Abs. 4 UStG, soweit diese auf Eingangsleistungen für die Bullenmast bezogen war. Dabei ging es davon aus, dass dem Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen war, dass er einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhielt und die Eingangsleistungen für spätere Ausgangsumsätze aus landwirtschaftlicher Bullenmast bestimmt waren. Für derartige Ausgangsumsätze gelte die Sonderregelung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG, so dass ein weiterer Vorsteuerabzug nach den allgemeinen Regeln gem. § 20 Abs. 1 Satz 4 UStG entfalle.

Dem trat der Kläger entgegen. Er sah allenfalls eine Befugnis zur Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG, die jedoch wegen der Nichtaufgriffsgrenze gemäß § 15a Abs. 11 UStG i.V.m. § 44 Abs. 1 UStDV in der vom BFH vorgenommenen Auslegung (vgl. dazu das BFH-Urteil v. 3.11.2011 - V R 32/10) nicht statthaft sei.

Das FG hielt die KĂĽrzung der im Streitjahr 2012 geltend gemachten Vorsteuer fĂĽr nicht gerechtfertigt:

  • Eine Veränderung der fĂĽr den Vorsteuerabzug maĂźgeblichen Verhältnisse liegt nach § 15a Abs. 7 UStG auch beim Ăśbergang von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG vor. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Zeitpunkt des Leistungsbezuges EinkĂĽnfte aus Gewerbebetrieb (hier: aus Schlachterei) erklärte, obwohl er tatsächlich als Landwirt der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterlägen hätte.

  • Die von vornherein bestehende Absicht des Steuerpflichtigen, mit den Eingangsleistungen landwirtschaftliche Umsätze (hier: aus Bullenmast) zu erzielen, rechtfertigt nicht die rĂĽckwirkende VorsteuerkĂĽrzung.

  • Zwar kommt es fĂĽr den Vorsteueranspruch gemäß § 15 Abs. 1 UStG wegen des Prinzips des Sofortabzugs grundsätzlich auf die im Zeitpunkt des Leistungsbezugs gebildete Verwendungsabsicht an. FĂĽr die Fälle des Ăśbergangs von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG beinhaltet § 15a Abs. 7 UStG jedoch eine rechtssystematisch vorrangige Spezialregelung. Darauf, ob die vorgelagerte allgemeine Besteuerung zu Recht erklärt wurde, kommt es nicht an.

  • Entscheidend ist allein der durch den Ăśbergang der Besteuerungsform bewirkte Systembruch, der im Interesse der gleichmäßigen Besteuerung eine nachträgliche Steuerkorrektur erfordert.

  • Allein der Umstand, dass wegen der Nichtaufgriffsgrenze gemäß § 15a Abs. 11 UStG in Verbindung mit § 44 Abs. 1 UStDV im Einzelfall eine Steuerberichtigung zu unterbleiben hat (vgl. dazu BFH, Urteil v. 3.11.2011 - V R 32/10, Leitsatz Nr. 2, BStBl II 2012, 525), rechtfertigt es nicht, das rechtssystematische Verhältnis der §§ 15, 15a Abs. 7 UStG zu durchbrechen.

Hinweis:

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Newsletter 2022-III (il)

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