Blog

Einkommensteuer | Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuches trotz kleinerer Mängel und Ungenauigkeiten (FG)

Kleinere Mängel und Ungenauigkeiten (im Streitfall: Verwendung von Abkürzungen für Kunden und Ortsangaben; fehlende Ortsangaben bei Übernachtung im Hotel; Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und laut Routenplaner; keine Aufzeichnung von Tankstopps) führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1 %-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind (Anschluss an BFH, Urteil v. 10.4.2008 - VI R 38/06: FG Niedersachsen, Urteil v. 16.6.2021 - 9 K 276/19, rechtskräftig).

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten um die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuches. Das FA bemängelte u.a., dass in den Fahrtenbüchern keinerlei Umwegfahrten und Tankstopps aufgezeichnet seien. Bei längeren Autofahrten wichen die Kilometerangaben hin und zurück voneinander ab, ohne dass aus den Fahrtenbüchern eine Erklärung dafür hervorgehe.

Das FG Niedersachsen gab der Klage, mit der der Kläger die Korrektheit seiner insgesamt drei Fahrtenbücher geltend macht, statt:

  • Kleinere Mängel und Ungenauigkeiten (im Streitfall: Verwendung von AbkĂĽrzungen fĂĽr Kunden und Ortsangaben; fehlende Ortsangaben bei Ăśbernachtung im Hotel; Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und laut Routenplaner; keine Aufzeichnung von Tankstopps) fĂĽhren nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1 %-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind (Anschluss an BFH, Urteil v. 10.4.2008 - VI R 38/06).
  • MaĂźgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr fĂĽr die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist.
  • Dem Finanzamt ist zuzumuten, fehlende Angaben zu HotelĂĽbernachtungen aus vorliegenden Reisekostenunterlagen zu ermitteln, sofern ist sich nur um vereinzelte Fälle handelt (Abgrenzung zu FG Köln, Urteil v. 15.9.2016 - 10 K 2497/15).
  • In der Regel mĂĽssen die Angaben zu den Kilometerständen sofort, d.h. am Ende jeder Fahrt gemacht werden. Nur Präzisierungen des beruflichen Zwecks dĂĽrfen ggf. noch innerhalb einer Woche nachgeholt werden.
  • Die Indizwirkung, die von fehlenden Gebrauchsspuren und einem gleichmäßigen Schriftbild eines Fahrtenbuches in Bezug auf eine unzulässige Nacherstellung ausgeht, kann vom Steuerpflichtigen entkräftet werden.
  • Die Anforderungen an das ordnungsgemäße FĂĽhren eines Fahrtenbuches dĂĽrfen nicht ĂĽberspannt werden, damit aus der widerlegbaren Typisierung der 1%-Regelung in der Praxis nicht eine unwiderlegbare Typisierung wird.
  • Gerade im Hinblick auf die stark typisierende 1%-Regelung wäre dies aus verfassungsrechtlichen GrĂĽnden – es droht eine ĂśbermaĂźbesteuerung - nicht zu rechtfertigen.
  • Der BFH (etwa Urteil v. 13.12.2012 - VI R 51/11, BStBl II 2013, 385) stĂĽtzt die Verfassungsmäßigkeit der 1%-Regelung als "grober Klotz" mit teilweise stark belastender Wirkung u.a. auf die Möglichkeit, zur Vermeidung einer ĂśbermaĂźbesteuerung ein Fahrtenbuch zu fĂĽhren (sog. Escape-Klausel, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 6.3.2013).

Hinweis:

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Niedersachsen recherchierbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG Niedersachsen online (il)

Verwandte Artikel:

Diese Seminare könnten Sie interessieren:

Kontakt
Wir sind fĂĽr Sie da

Haben Sie nicht etwas vergessen?

Kein Problem! Wir haben Ihren Warenkorb fĂĽr Sie gespeichert!
Nur noch ein paar Klicks und schon kommen Sie Ihrem Weiterbildungsziel ein Stück näher.
 
Sind Sie sich noch unsicher oder benötigen Beratung? Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren! Wir beraten Sie gern und klären alle offenen Fragen.

Nichts mehr verpassen!

Angebote, regelmäßige Infos und Tipps zum Thema Weiterbildung & Karriere  - Bleiben Sie mit unserem Newsletter immer auf dem Laufenden. Jetzt anmelden!