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Verfahrensrecht | Überlassung eines Datenträgers im Rahmen einer BP (FG)

Die nur mit einem pauschalen Verweis auf die GDPdU begründete Aufforderung nach § 147 Abs. 6 AO zur Überlassung eines Datenträgers im Rahmen einer Betriebsprüfung ist unverhältnismäßig (FG München, Urteil v. 27.6.2018 - 1 K 2318/17; Revision anhängig, BFH-Az. VIII R 24/18).

Hintergrund: Sind Unterlagen nach 147 Abs. 1 mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden, hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung dieser Unterlagen zu nutzen. Sie kann im Rahmen einer Außenprüfung auch verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet oder ihr die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Teilt der Steuerpflichtige der Finanzbehörde mit, dass sich seine Daten nach Absatz 1 bei einem Dritten befinden, so hat der Dritte

  1. der Finanzbehörde Einsicht in die fĂĽr den Steuerpflichtigen gespeicherten Daten zu gewähren oder 
  2. diese Daten nach den Vorgaben der Finanzbehörde maschinell auszuwerten oder
  3. ihr die für den Steuerpflichtigen gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung zu stellen (§ 147 Abs. 6 Sätze 1 bis 4 AO).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die zusammen mit der Prüfungsanordnung für die VZ 2012 bis 2014 allgemein unter Verweis auf die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen geäußerte Aufforderung des Außenprüfers, ihm einen Datenträger zu überlassen, rechtmäßig ist.

Nach Auffassung der Richter des FG München wurde im Streitfall der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend beachtet:

  • Der generell zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es, dass die Finanzverwaltung in AusĂĽbung ihres legitimen Interesses an einer Ăśberlassung digitalisierter Daten im Rahmen einer AuĂźenprĂĽfung nicht ĂĽbermäßig in Rechte des Steuerpflichtigen eingreift und deshalb ihre Befugnisse aus § 147 Abs. 6 AO nur in dem durch die Zwecke der AuĂźenprĂĽfung gebotenen zeitlichen und sachlichem Umfang unter BerĂĽcksichtigung der berechtigten Interessen der Steuerpflichtigen am Schutz ihrer persönlichen Daten ausĂĽbt.
  • Die Aufforderung des Finanzamtes, einen Datenträger nach GDPdU zu Beginn der PrĂĽfung zu ĂĽberlassen, lässt nicht erkennen, wo Datenzugriff und Auswertung erfolgen soll, etwa nur bei der Klägerin oder auch im Finanzamt.
  • Die Aufforderung enthält auch keine Regelung darĂĽber, ob, wo, und wie lange die durch die Ăśberlassung des angeforderten Datenträgers erhaltenen Daten gespeichert werden sollen.
  • Der Verweis auf die GDPdU in dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt vermag die Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit hinsichtlich Verwertung und Speicherung von Daten der Klägerin in zeitlicher und örtlicher Hinsicht nicht ausreichend zu begrĂĽnden.
  • Zwar enthalten die GDPdU (vgl. BMF, Schreiben v. 16.7.2001 - IV D 2 - S 0316-136/01, BStBl 2001 I S. 415) eine BegrĂĽndung der Auffassung der Finanzverwaltung zum DatenĂĽberlassung. Insbesondere regelt der im Streitfall anwendbare Abschnitt I. 1.c) der GDPdU, dass der ĂĽberlassene Datenträger spätestens nach Bestandskraft der aufgrund der AuĂźenprĂĽfung ergangenen Bescheide an den Steuerpflichtigen zurĂĽckzugeben oder zu löschen ist.
  • Allerdings enthalten die Regelungen in der GDPdU nichts darĂĽber, wie und wo die Auswertung des ĂĽberlassenen Datenträgers erfolgen soll. Es ist insbesondere nicht geregelt, ob die Auswertung und Speicherung des ĂĽberlassenen Datenträgers lediglich in den Räumen der Klägerin oder in den Räumen des Finanzamtes oder eventuell auch auf Rechnern auĂźerhalb der Diensträume des Finanzamtes, etwa auf dem Laptop des BetriebsprĂĽfers, erfolgen kann.
  • Dies jedoch gebietet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: Denn es gilt, der Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung der Daten Rechnung zu tragen und hierbei nach Möglichkeit auch dafĂĽr zu sorgen, dass die in einem Datenträger komprimierten Daten auĂźerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder der Diensträume der Finanzverwaltung, etwa infolge von Diebstahl des PrĂĽfer-Laptops nicht in fremde Hände geraten können.
  • Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es auch, dass die nach § 147 Abs. 6 AO ĂĽberlassenen Daten nach dem tatsächlichen Abschluss der AuĂźenprĂĽfung nicht weiter auf dem Laptop des PrĂĽfers gespeichert bleiben, sondern nur noch - bis zum Abschluss eines möglicherweise stattfindenden Rechtsbehelfsverfahrens - in den Diensträumen der Finanzverwaltung gespeichert bleiben.

Quelle: FG MĂĽnchen, Urteil v. 27.6.2018 - 1 K 2318/17; NWB DokID: SAAAH-03366 (il)

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