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Verfahrensrecht | Geringfügige Mängel der Kassenführung berechtigen nicht zu Hinzuschätzungen (FG)

Geringfügige Mängel in der Kassenführung eines Imbissbetriebs rechtfertigen keine über die konkreten Auswirkungen dieser Mängel hinausgehenden Hinzuschätzungen (FG Münster, Urteil v. 9.3.2021 - 1 K 3085/17 E,G,U).

Sachverhalt: Die Klägerin betreibt einen griechischen Imbiss, dessen Gewinn sie in den Streitjahren 2012 bis 2014 durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte. Die erklärten Gewinne betrugen für die Streitjahre jeweils ca. 30.000 €. Zur Erfassung der Bareinnahmen verwendete die Klägerin eine elektronische Registrierkasse, für die sie die täglichen Bonrollen aufbewahrte.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung führte der Prüfer zunächst Geldverkehrsrechnungen durch, die lediglich geringfügige Unterdeckungen ergaben. Ferner stellte er fest, dass die Klägerin während des dreijährigen Prüfungszeitraums an insgesamt fünf Tagen einzelne Barumsätze nicht in der Kasse erfasst hatte. In der Gesamtsumme beliefen sich die nicht enthaltenen Beträge auf knapp 100 €. Darüber hinaus wurden an neun weiteren Tagen Kassenbewegungen um ein bis wenige Tage verspätet in der Kasse verbucht. Aus diesen Gründen seien die Aufzeichnungen nicht ordnungsgemäß und es bestehe eine Schätzungsbefugnis. Hierzu nahm der Prüfer eine Ausbeutekalkulation für einen Teil des Warensortiments der Klägerin vor und schätzte im Übrigen anhand der amtlichen Rohgewinnaufschlagsätze. Dies führte im Ergebnis in etwa zu einer Verdreifachung der erklärten Gewinne.

Das FG MĂĽnster gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Hinzuschätzungen sind insoweit rechtswidrig, als sie ĂĽber einen Betrag von knapp 100 € hinausgehen. FĂĽr darĂĽberhinausgehende Hinzuschätzungen besteht keine Schätzungsbefugnis.
  • Die vom BetriebsprĂĽfer festgestellten KassenfĂĽhrungsmängel fĂĽhren nicht dazu, dass die Aufzeichnungen der Klägerin insgesamt verworfen werden könnten.
  • Dies ergibt sich zum einen aus der geringen Häufigkeit der Mängel im Verhältnis zu den gesamten Geschäftsvorfällen, die das Finanzamt selbst mit 25.000 bis 30.000 pro Jahr geschätzt hat und zum anderen aus der geringen Gewinnauswirkung von weniger als 100 €. Auch die aufgrund dieser Mängel möglicherweise nicht gegebene Kassensturzfähigkeit beschränkt sich lediglich auf einzelne kurze Zeiträume.
  • Es besteht auch aus anderen GrĂĽnden kein Anlass, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen der Klägerin zu beanstanden. Die von ihr ermittelten Ergebnisse liegen innerhalb der amtlichen Richtsätze und die durchgefĂĽhrten Geldverkehrsrechnungen fĂĽhren lediglich zu Ergebnissen, die sich im Rahmen ĂĽblicher Unschärfen bewegen.
  • SchlieĂźlich reicht die durchgefĂĽhrte Ausbeutekalkulation nicht aus, um die sachliche Richtigkeit der ansonsten formell ordnungsgemäßen Aufzeichnungen zu erschĂĽttern. An eine solche Kalkulation sind strenge Anforderungen zu stellen.
  • Vorliegend bestehen bereits groĂźe Unsicherheiten bei den Portionsgrößen, die der PrĂĽfer nicht anhand repräsentativer Testkäufe belegt, sondern aufgrund angeblicher Erfahrungswerte geschätzt hat. Im Ăśbrigen sind nicht alle Warengruppen kalkuliert worden, sodass es sich zum Teil um eine Richtsatzschätzung handelt.

Hinweis: Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des FG Münster veröffentlicht. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: FG MĂĽnster, Newsletter April 2021 (il)

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