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Umsatzsteuer | Leistungsbeschreibung bei Waren im Niedrigpreissegment (BFH)

Ernstlich zweifelhaft ist, ob der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Niedrigpreissegment hinsichtlich der Leistungsbeschreibung voraussetzt, dass die Art der gelieferten Gegenstände mit ihrer handelsüblichen Bezeichnung angegeben wird oder ob insoweit die Angabe der Warengattung ("Hosen", "Blusen", "Pulli") ausreicht (BFH, Beschluss v. 14.3.2019 - V B 3/19; veröffentlicht am 24.4.2019).

Sachverhalt: In den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre machte die Antragstellerin Vorsteuerabzugsbeträge aus Rechnungen mehrerer Firmen geltend, in denen die Artikel lediglich mit Angaben wie "Tunika, Hosen, Blusen, Top, Kleider, T-Shirt, Pulli, Bolero" bezeichnet waren. Das Finanzamt (FA) erkannte die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen nicht an. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Antragstellerin Klage vor dem Finanzgericht (FG) und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide. Das FG lehnte den Aussetzungsantrag ab.

Der BFH hat der Beschwerde der Antragstellerin stattgegeben:

  • Die beantragte AdV ist zu gewähren. An der Versagung des Vorsteuerabzugs aus den streitgegenständlichen Rechnungen bestehen ernstliche Zweifel.
  • Derartige Zweifel folgen bereits daraus, dass zu den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung im Niedrigpreissegment noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt und diese Frage in der Rechtsprechung der FG unterschiedlich beantwortet wird.
  • Ernstliche Zweifel ergeben sich darĂĽber hinaus im Hinblick auf die Bedeutung und Reichweite des BFH-Beschlusses v. 29.11.2002 - V B 119/02. Danach reicht es als Leistungsbeschreibung nicht aus, wenn ĂĽber "hochpreisige" Uhren und Armbänder mit Kaufpreisen von jeweils 5.000 DM und mehr mit bloĂźen Gattungsbezeichnungen Angabe "diverse Armbanduhren" oder "diverse Armbänder" abgerechnet wird. Die Identifizierung der Lieferung des jeweiligen Gegenstands sei unter diesen Umständen erst durch eine Abrechnung unter Aufzeichnung der handelsĂĽblichen Bezeichnung des Gegenstands leicht und einwandfrei möglich.
  • Ob diesem Beschluss entnommen werden kann, dass im Handel mit Waren im Niedrigpreissegment geringe Anforderungen an die Leistungsbeschreibung zu stellen sind, erscheint im Hinblick darauf klärungsbedĂĽrftig, dass die fĂĽr den Vorsteuerabzug erforderlichen Angaben nicht durch ihre Zahl oder ihre technische Kompliziertheit die AusĂĽbung des Rechts zum Vorsteuerabzug praktisch unmöglich machen oder ĂĽbermäßig erschweren dĂĽrfen (EuGH, Urteil v. 8.5.2013 - C 271/12 „Petroma Transports u.a.“).
  • Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes können sich schlieĂźlich auch aus einem möglichen VerstoĂź des Steuergesetzes gegen eine unionsrechtliche Bestimmung ergeben. Das nationale Recht erfordert hinsichtlich der Art des Gegenstands dessen "handelsĂĽbliche Bezeichnung", während das Unionsrecht sich mit der "Art der gelieferten Gegenstände" begnĂĽgt (Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL).

Hauptbezug: BFH, Beschluss v. 14.3.2019 - V B 3/19, NWB DokID: MAAAH-12910; NWB Datenbank (Ls);

Verwandte Artikel:

  • Vorobev/Vogt, Differenzbesteuerung gem. § 25a UStG, Grundlagen, NWB DokID: EAAAG-79649
  • Gehm, Anforderungen an die Leistungsbeschreibung in Rechnungen im Niedrigpreissegment, USt direkt digital 5/2018 S. 7, NWB DokID: SAAAG-72599

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