Kosten im Zusammenhang mit einem Zivilprozess sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, soweit der Prozess die Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen betrifft. Sind die Kosten für einen Zivilprozess nur zum Teil als außergewöhnliche Belastung abziehbar, ist der abziehbare Teil der Kosten mit Hilfe der Streitwerte der einzelnen Klageanträge zu ermitteln (BFH, Urteil v. 17.12.2015 - VI R 7/14; veröffentlicht am 6.4.2016).Hintergrund: Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Sachverhalt: Die 1976 geborene Ehefrau (E) des Klägers verstarb 2006 an den Folgen ihres Krebsleidens. Der Kläger hatte mit E zwei gemeinsame Kinder, J und F. Der Kläger, J und F, nahmen den Frauenarzt der E, Dr. A, auf Schadensersatz wegen eines von ihnen geltend gemachten Behandlungsfehlers in Anspruch. Sie begehrten Schmerzensgeld sowie die Feststellung, dass ihnen sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu erstatten seien, die ihnen aus Anlass der bei E in der Zeit ab 2001 durchgeführten Behandlung entstanden seien oder entstehen würden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen seien. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung von ihm im Streitjahr gezahlte Kosten des Zivilprozesses gegen Dr. A geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen auch im Einspruchsverfahren nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
  • Die geltend gemachten Ansprüche wegen immaterieller Schäden betrafen weder hinsichtlich der Zahlungs- noch der Feststellungsklage existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens.
  • Der Kläger lief ohne die Geltendmachung dieser Ansprüche nicht Gefahr, die Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse und die seiner Kinder in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
  • Schmerzensgeldansprüche sollen den dem Geschädigten entstandenen immateriellen Schaden ausgleichen. Ansprüche wegen immaterieller Schäden betreffen jedoch nicht den existenziellen Bereich i.S. des § 33 EStG,
  • Die vom Kläger getragenen Prozesskosten sind im Ergebnis nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen.
Quelle: NWB Datenbank sowie BFH, Pressemitteilung v. 6.4.2016 Hinweis: Das Urteil ist zu einem Streitjahr vor Einführung des gesetzlichen Abzugsverbots für Prozesskosten durch das insoweit nicht mit Rückwirkung versehene AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013 (BGBl. I 2013, 1809) ergangen. Nachdem der VI. Senat des BFH seine Auffassung zur grundsätzlichen Abziehbarkeit von Zivilprozesskosten mit Urteil v. 18.6.2015 – VI R 17/14 (BStBl II 2015, 800) wieder aufgegeben hatte, konnte die nun ergangene Entscheidung nicht überraschen. Der Streitfall war daher nach Kriterien zu beurteilen, die auch als Tatbestandsvoraussetzungen in den neuen § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG aufgenommen wurden. Danach aber sind Prozesskosten nur ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn es sich um Aufwendungen handelt „ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“. Das aber ist bei einer Einklagung von Schmerzensgeldansprüchen i.d.R. nicht der Fall. Solche Ansprüche betreffen nach Auffassung des BFH nicht den „existentiellen“ Bereich eines Klägers. Hauptbezug: BFH, Urteil v. 17.12.2015 - VI R 7/14; NWB DokID: NAAAF-70521Verwandte Artikel:
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  • Schmidt, Außergewöhnliche Belastungen, Grundlagen, NWB DokID: VAAAF-48920
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