Das Urteil des Hessischen FG v. 10.2.2016 - 4 K 1684/14, in dem erstmals in einem Hauptsacheverfahren über die Voraussetzungen für die Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei den sog. Cum/ex-Geschäften entschieden wurde, ist rechtskräftig. Die betroffene Bank hat trotz Zulassung keine Revision eingelegt. Hierauf macht das Hessische FG aktuell aufmerksam.
Hintergrund: Der Streitfall betraf außerbörsliche Aktiengeschäfte (sog. OTC-Geschäfte), bei denen statt der vereinbarten Lieferung von Aktien mit Dividendenanspruch (cum Dividende) vor dem Dividendenstichtag verspätet Aktien ohne Dividendenanspruch (ex Dividende) nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden (lesen Sie hierzu auch unsere News v. 23.02.2016). Hierzu führt das Hessische FG weiter aus:
  • Nach der Entscheidung des Hessischen FG existiert keine GesetzeslĂĽcke, die zu einer doppelten Anrechnung von Kapitalertragsteuer berechtigen wĂĽrde. Soweit ein Teil der Fachliteratur meine, dass die Kapitalertragsteuer unabhängig von deren Erhebung angerechnet werden könne, verstoĂźe dies gegen den klaren Gesetzeswortlaut des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG.
  • Diese Rechtsansicht beruhe zudem auf der irrigen Annahme eines mehrfachen wirtschaftlichen Eigentums, was mit den fundamentalen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar sei.
  • Anhand des Wortlautes und des Regelungsgehalts des § 39 Abs. 2 AO hat das Hessische Finanzgericht weiter dargelegt, dass ein Wirtschaftsgut und damit auch Aktien nur im wirtschaftlichen Eigentum einer Person stehen könnten und dass die Anrechnung von Abzugssteuern denklogisch deren Einbehaltung voraussetze.
Quelle: Hessisches FG, Pressemitteilung v. 23.5.2016 (il) Hinweise: Das Urteil enthält weitere Kernaussagen zum Beweiswert der Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2, 3 EStG. Diese liefere lediglich einen Anscheinsbeweis für die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer durch die inländische Depotbank des Aktienverkäufers. Bei atypischen Fallgestaltungen und bei verspäteten Aktienlieferungen obliege dem die Anrechnung begehrenden Aktienkäufer aber die Nachweislast für die Erhebung der Kapitalertragsteuer. Entsprechendes gelte bei anonymen Aktienkäufen über die Eurex-Börse; auch insoweit gehe die Unaufklärbarkeit hinsichtlich der Entrichtung der Kapitalertragsteuer durch den Aktienlieferanten zu Lasten des Aktienkäufers. Die nunmehr eingetretene Rechtskraft des Urteils könnte im Ergebnis auch bei noch offenen Steuerfällen zu einer Begrenzung des Schadens für den Fiskus durch die nach Auffassung des Gerichts widerrechtliche Anrechnung nicht erhobener Kapitalertragsteuer führen. Hauptbezug: Hessisches FG, Urteil v. 10.2.2016 - 4 K 1684/14, NWB DokID: AAAAF-69848Verwandte Artikel:
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