Der Bundesrat hatte am 8.5.2015 zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum ZollkodexAnpG (JStG 2016) Stellung genommen. Der Bundesrat wollte dabei auch einige für den Steuerzahler günstige BFH-Urteile mit dem Gesetzgebungsverfahren aushebeln und die bisherige Rechtspraxis wieder herstellen. Zu den Vorschlägen des Bundesrates hat nun wiederum die Bundesregierung Stellung bezogen (BT-Drucks. 18/4902).

In der o.g. Stellungnahme v. 8.5.2015 äußerte sich der Bundesrat u.a. zu den folgenden Punkten:

Zur Einkommensteuer

Bundesrat fordert erneut Ă„nderung der Rabatt- und Gutscheinbesteuerung:
  • Der BFH hatte in einer Reihe von Urteilen Leistungen, die von der Praxis bislang als Geldleistungen betrachtet wurden (Gutscheine, die auf einen Geldbetrag lauten,  Geldleistungen mit Verwendungsauflage), den SachbezĂĽgen zugeordnet und damit eine Anwendung der 44-Euro-Freigrenze auch fĂĽr derartige BezĂĽge eröffnet (s. hierzu Hilbert in NWB 18/2011 S. 1538). Mit der vorgeschlagenen gesetzlichen Ă„nderung soll nach dem Willen der Länder die alte Rechtspraxis wiederhergestellt und das Gestaltungspotenzial der 44-Euro-Freigrenzeeinge schränkt werden.
  • GegenäuĂźerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Zur BegrĂĽndung weist sie auf den Allgemeinen Teil der GesetzesbegrĂĽndung. Hierin fĂĽhrt die Bundesregierung aus, dass auf eine Umsetzung der vorgeschlagenen Ă„nderungen verzichtet werden sollte, da Zusatzbelastungen fĂĽr Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu befĂĽrchten seien.
Erleichterte Geltendmachung von Verlustvorträgen soll verhindert werden:
  • Erst kĂĽrzlich hatte der BFH eine Entscheidung veröffentlicht, nach der ein verbleibender Verlustvortrag auch dann erstmals gesondert festzustellen ist, wenn fĂĽr das Verlustentstehungsjahr kein Einkommensteuerbescheid existiert und auch kein Einkommensteuerbescheid mehr erlassen werden kann, weil bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Praktische Bedeutung kann dies vor allem fĂĽr Steuerpflichtige haben, die nachträglich Berufsausbildungskosten als vorab entstandene Werbungskosten geltend machen möchten (s. hierzu NWB-Nachricht v. 29.4.2015). Durch diese Entscheidung wird nach Ansicht des Bundesrates der  ursprĂĽngliche gesetzgeberische Wille, eine zeitnahe verbindliche Entscheidung ĂĽber die Höhe des abzugsfähigen Verlustes zutreffen, konterkariert. Eine Neuregelung wĂĽrde – so der Bundesrat – der Steuervereinfachung und dem Rechtsfrieden dienen.
  • GegenäuĂźerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um PrĂĽfung nachkommen.
Steuerabzug von Damnum/Disagio soll geändert werden:
  • Der Gesetzgeber nimmt ein Damnum/Disagio von der Verteilung ĂĽber mehrere Jahre aus, soweit dieses marktĂĽblich ist. Ein marktunĂĽbliches Damnum/Disagio ist anzunehmen, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Damnum/Disagio entsprechend hoch ist (BT-Drucks. 16/2712, S.44). Infolge des dauerhaft niedrigen Zinsniveaus ist ein Damnum/Disagio mittlerweile nur noch eine reine Zinsvorauszahlung und nicht mehr eine Feineinstellung eines werbewirksamen Nominalzinssatzes. Ein Damnum/Disagio wird von den Banken im Regelfall nur noch dann vereinbart, wenn es vom Steuerpflichtigen ausdrĂĽcklich (d.h. zu Steuersparzwecken) verlangt wird. Daraus ergibt sich zugleich das Problem, dass man die MarktĂĽblichkeit eines Damnum/Disagio, das von Steuersparzwecken unbeeinflusst ist, kaum feststellen kann. Zur Vermeidung von reinen Steuersparmodellen und zur Steuervereinfachung solle nun – so der Bundesrat – § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG gestrichen werden.
  • GegenäuĂźerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Zur Bekämpfung von Steuersparmodellen sei eine Gesetzesänderung nicht notwendig. Durch die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 5 EStG, der ausdrĂĽcklich auf die Anwendung von § 42 AO verweise, werde der Vermeidung von Gestaltungsmöglichkeiten bereits Rechnung getragen.

Zur Gewerbesteuer

Durch Organgesellschaften vereinnahmten Schachteldividenden:
  • Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prĂĽfen, ob durch eine Ă„nderung des Gewerbesteuergesetzes sichergestellt werden kann, dass die von einer Organgesellschaft bezogenen GewinnausschĂĽttungen gewerbesteuerlich genauso belastet werden, wie dies bei nicht organkreiszugehörigen Unternehmen der Fall ist. Der BFH hatte hierzu kĂĽrzlich  entschieden, dass GewinnausschĂĽttungen, die eine Organgesellschaft aus einer Schachtelbeteiligung bezieht, insgesamt – und nicht nur zu 95% – von der Gewerbesteuer befreit sind (vgl. hierzu NWB-Nachricht v. 18.3.2015). 13363 Nach Ansicht des Bundesrates steht dieses Urteil nicht im Einklang mit dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, der die Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers fingiert und damit eine Ergebnis-konsolidierung und eine einheitliche Ermittlung des Gewerbeertrags auf Ebene des Organträgers anordnet.
  • GegenäuĂźerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um PrĂĽfung nachkommen.

Zur Umsatzsteuer

Zur Zuordnung der Warenbewegung beim Reihengeschäft:
  • Der Bundesrat bittet, mit Blick auf die neueste Rechtsprechung (BFH, Urteile v. 25.2.2015 - XI R 15/14 und XI R 30/13), möglichst noch fĂĽr das laufende Gesetzgebungsverfahren eine Klarstellung der Regelungen fĂĽr sog. Reihengeschäfte in § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 UStG dergestalt vorzusehen, dass auch kĂĽnftig eine rechtssichere Zuordnung der Warenbewegung möglich ist. Um eine praxisgerechte Umsetzung zu ermöglichen, stelle die Verwaltung bisher bei der Zuordnung der Warenbewegung auf von allen Beteiligten einfach und rechtssicher zu beurteilende Gesichtspunkte (insbesondere die Identifikationsnummer, Lieferkonditionen, Lieferklauseln, sog. Incoterms) ab. Der BFH hält dagegen im Wege einer umfassenden WĂĽrdigung des Einzelfalls die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem der letzte Abnehmer die VerfĂĽgungsmacht ĂĽber den Liefergegenstand erhält, fĂĽr erforderlich und hat dies in o.g. Urteilen bekräftigt. Da es sich bei grenzĂĽberschreitenden Reihengeschäften um massenhaft vorkommende Fallgestaltungen im Wirtschaftsleben handelt, fĂĽhrt die auf die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls abstellende Rechtsprechung zu in der Praxis kaum umsetzbaren Bedingungen.
  • GegenäuĂźerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um PrĂĽfung nachkommen.
Abgrenzung Bauwerk und Betriebsvorrichtung:
  • Der BFH hat entscheiden, dass Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke im Sinne von § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG seien, mit der Konsequenz, dass Arbeiten an solchen generell nicht unter das sog. Reverse-Charge-Verfahren fallen (BFH, Urteil v. 28.8.2014 - V R 7/14; s. hierzu NWB-Nachricht v. 12.11.2014). 12766 Dies fĂĽhrt – so der Bundesrat – in der Praxis zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten. Um weiterhin eine praxisgerechte Abgrenzung zu ermöglichen sowie den BedĂĽrfnissen der Betrugsbekämpfung gerecht zu werden, solle eine Klarstellung in § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG erfolgen, die es ermöglicht, den bisherigen Umfang der Steuerschuldverlagerung bei bauwerksbezogenen Leistungen in Bezug auf Betriebsvorrichtungen weitestgehend beizubehalten.
  • GegenäuĂźerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung wird der Bitte um PrĂĽfung nachkommen.
Reverse-Charge bei Edelmetallen:
  • Um praktischen Problemen zu begegnen, soll die Betragsgrenze von 5.000 Euro zwar beibehalten werden; sie soll nach dem Willen des Bundesrates aber optional ausgestaltet werden. Beträgt die Summe der fĂĽr die steuerpflichtigen Lieferungen dieser Gegenstände in Rechnung zustellenden Entgelte weniger als 5.000 Euro, soll hiernach der liefernde Unternehmer durch einen gesonderten Ausweis des Steuerbetrags in der Rechnung auf die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers verzichten können. Steuerschuldner bleibe dann der liefernde Unternehmer.
  • GegenäuĂźerung der Bundesregierung: Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs mĂĽsse gesetzlich feststehen, wer Steuerschuldner ist. Eine optionale Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metalllieferungen mit einer Bemessungsgrundlage von unter 5.000 Euro hätte aber zur Folge, dass die Betroffenen entscheiden könnten, wer Steuerschuldner ist.
Hauptbezug: BT-Drucks. 18/4902

Verwandte Artikel:
  • NWB ReformRadar, ZollkodexAnpG 2.0 (JStG 2016)
  • Hechtner, Aktuelle Gesetzgebungsvorhaben im Ăśberblick, BBK 9/2015 S. 403, NWB DokID: RAAAE-88847
  • Hörster, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Zollkodex-Anpassungsgesetz, NWB 15/2015 S. 1052, NWB DokID: LAAAE-87436
  • Hechtner, Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2016 vorgelegt, NWB 10/2015 S. 648, NWB DokID: AAAAE-85286
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