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Schenkungsteuer | Abfindungszahlung im Scheidungsfall (BFH)

Regeln zukünftige Eheleute die Rechtsfolgen ihrer Eheschließung umfassend individuell und sehen sie für den Fall der Beendigung der Ehe Zahlungen eines Ehepartners in einer bestimmten Höhe vor, die erst zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu leisten sind ("Bedarfsabfindung"), liegt keine freigebige Zuwendung vor (BFH, Urteil v. 1.9.2021 - II R 40/19; veröffentlicht am 27.1.2022).

Hintergrund: Der Steuer unterliegt als Schenkung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Sachverhalt: Die Klägerin schloss anlässlich ihrer Eheschließung mit ihrem früheren Ehemann einen notariell beurkundeten Ehevertrag, in dem u.a. der gesetzliche Versorgungsausgleich zugunsten einer Kapitalversicherung mit Rentenwahlrecht ausgeschlossen und der nacheheliche Unterhalt begrenzt wurde. Es wurde der Güterstand der Gütertrennung vereinbart. Der Klägerin wurde ein indexierter Zahlungsanspruch "im Falle der Scheidung" eingeräumt. Dieser Zahlungsanspruch sollte bei einem Bestand der Ehe von 15 vollen Jahren eine bestimmte Höhe betragen; bei der Ehescheidung vor Ablauf dieser Frist sollte sich der Betrag "pro rata temporis" vermindern. Die im Jahr 1998 geschlossene Ehe wurde im Jahr 2014 geschieden. Der Ehemann zahlte den vereinbarten Betrag an die Klägerin.

Das FA erlieĂź einen Schenkungsteuerbescheid fĂĽr die Zuwendung, der neben Vorschenkungen auch diese Zahlung als freigebige Geldzuwendung erfasste. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegrĂĽndet zurĂĽck.

Das FG wies die Klage ab (FG MĂĽnchen, Urteil v. 2.5.2018 - 4 K 3181/16).

Der BFH hat die Revision als begrĂĽndet angesehen und das FG-Urteil aufgehoben:

  • Die Leistung des Ehemanns an die Klägerin ist nicht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar; die Vorerwerbe ĂĽbersteigen nicht den Freibetrag fĂĽr Ehegatten.
  • Die Zahlung einer "Pauschalabfindung" unter Preisgabe eines (möglicherweise) kĂĽnftig entstehenden Zugewinnausgleichanspruchs vor Eingehung der Ehe erfĂĽllt als freigebige Zuwendung den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn diese Zahlung wird weder zur Befriedigung eines (auĂźervertraglichen) Forderungsrechts des Preisgebenden noch als Gegenleistung fĂĽr einen Verzicht getätigt.
  • Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die zukĂĽnftigen Eheleute die Rechtsfolgen ihrer EheschlieĂźung - abweichend von den gesetzlichen Leitbildern - umfassend individuell regeln und fĂĽr den Fall der Beendigung der Ehe - z. B. durch Scheidung - Zahlungen eines Ehepartners an den anderen in einer bestimmten Höhe vorsehen, die erst zu diesem Zeitpunkt zu leisten sind ("Bedarfsabfindung").
  • In dem Fall einer Bedarfsabfindung wird keine pauschale Abfindung ohne Gegenleistung erbracht. Es werden lediglich Rechte und Pflichten der kĂĽnftigen Ehegatten durch umfangreiche Modifikation denkbarer gesetzlicher familienrechtlicher AnsprĂĽche im Falle der Scheidung im Wege einer Pauschalierung neu austariert.
  • Auf eine solche Vereinbarung ist auch § 7 Abs. 3 ErbStG nicht anwendbar.
  • Die Zahlung des Ehemanns erfĂĽllt nicht den objektiven Tatbestand einer freigebigen Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn dieser hat sich nicht zu einer sofortigen Pauschalabfindung ohne Gegenleistung verpflichtet. Nach der getroffenen Vereinbarung sollte die Klägerin erst im Fall einer Scheidung eine Zahlung zur Abgeltung verschiedener ggf. gesetzlich möglicher familienrechtlicher AnsprĂĽche erhalten. Diese wurden lediglich dem Umfang nach durch die vorherige Vereinbarung modifiziert.
  • Der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG scheitert zudem auch am fehlenden subjektiven Willen zur Freigebigkeit. Der Ehemann hat nicht in dem Bewusstsein einer (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung gehandelt.

Quelle: BFH, Urteil v. 1.9.2021 - II R 40/19; NWB Datenbank (RD)

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