Ist der Steuerberater mit der Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie mit der Erstellung der Jahresabschlüsse beauftragt und sind Letztere von ihm fehlerhaft gefertigt worden (hier: unrichtige Verbuchung der Geldeingänge für das falsche Jahr), kann zumindest nach vorheriger Kündigung des Mandats der durch die Beauftragung und Vergütung eines neuen Steuerberaters entstandene Schaden auch dann ersatzfähig sein, wenn dem bisherigen Steuerberater die Möglichkeit einer Nachbesserung zuvor nicht gewährt wird (LG Kleve, Urteil v. 22.4.2015 - 1 O 89/11).Hintergrund: Bei einem Dienstverhältnis, das kein Arbeitsverhältnis ist, ist die Kündigung grds. jederzeit zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete, Dienste höherer Art zu leisten hat, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen (§ 627 BGB). Steuerberater leisten in der Regel Dienste höherer Art im Sinne des § 627 BGB, weil der Mandant ihnen Einblick in seine Berufs-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse gewährt (BGH, Urteil v. 11.5.2006 - IX ZR 63/05). Sachverhalt: Der Beklagte ist Steuerberater und war u.a. mit der Erstellung der Jahresabschlüsse der Jahre 2004 und 2005 für die beiden Apotheken der Klägerin beauftragt. Mit Schreiben vom 27.1.2007 kündigte die Klägerin den Steuerberatervertrag. Ausdrücklich von dieser Kündigung ausgenommen war zunächst die Bilanzerstellung der beiden Apotheken. Die Klägerin forderte den Beklagten auf, ihr die beiden Bilanzen bis zum 31.1.2007 zukommen zu lassen. Nach Herausgabe der Jahresabschlüsse beauftragte die Klägerin einen anderen Steuerberater mit der Überprüfung und (später) mit der Korrektur der Arbeiten des Beklagten. Die hierfür erforderlichen Kosten wollte sie von dem Beklagten erstattet bekommen. Der beklagte Steuerberater war der Ansicht, dass ihm ein Recht zur Nachbesserung zugestanden habe, da sein Auftrag bezüglich der Bilanzen 2004 und 2005 nicht gekündigt worden sei. Hierzu führte das Gericht weiter aus:
  • Der Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 675, 611, 280 Abs. 1 BGB.
  • Der Beklagte hat die beauftragten Jahresabschlüsse für 2004 und 2005 fehlerhaft gefertigt, sodass eine weitere Beauftragung des neuen Steuerberaters zur Berichtigung der Jahresabschlüsse und weiterer steuerlicher Erklärungen erforderlich geworden ist und zu einem Schaden bei der Klägerin in Höhe der zu entrichtenden angemessenen Vergütung geführt hat.
  • Die Klägerin war im Streitfall nicht verpflichtet, dem Beklagten eine Frist zur Nachbesserung zu setzen, bevor sie den neuen Steuerberater beauftragte.
  • Die Klägerin kündigte das Dienstverhältnis und verlangte zum 31.1.2007 die Bilanzen für das Jahr 2005 heraus. Damit kündigte sie den Auftrag und erfragte kein weiteres Tätigwerden mehr für sie, sondern nur noch die Herausgabe der bereits erstellten Arbeiten, die sie zuvor auch schon angefragt hatte.
  • Sinn und Zweck der Vorschrift des § 627 Abs. 1 BGB, nur Personen des eigenen Vertrauens mit der steuerlichen Beratung befassen zu dürfen, würde nicht erreicht, wenn der Auftraggeber gehalten wäre, dem wirksam gekündigten Berater hinsichtlich bestimmter Teilleistungen Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben und damit erneuten und weiteren Einblick in vertrauliche Einzelheiten der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit zu gewähren.
Quelle: Rechtsprechungsdatenbank der Justiz Nordrhein-Westfalens Anmerkung: Zumeist entdecken die Mandanten nicht selbst die Fehler in den Leistungen des Steuerberaters, sondern der neu beauftragte Steuerberater. In einem solchen Fall wäre es nach Ansicht des Gerichts umständlich, zeitaufwändig und für den Mandanten unnötig belastend, wenn er dem früheren Berater trotz der Kündigung die Möglichkeit einer Mängelbeseitigung einräumen müsste (s. hierzu auch BGH, Urteil v. 11.5.2006 - IX ZR 63/05). Auch der BGH hat in dem eben genannten Urteil ein Nachbesserungsrecht von Einzelleistungen innerhalb eines Dienstvertrags jedenfalls nach Kündigung des Mandats und Beauftragung eines neuen Steuerberaters ausgeschlossen. Ob dieses Nachbesserungsrecht aber auch dann entfällt, wenn eine Kündigung noch nicht erfolgt ist, ist höchstrichterlich noch nicht bestätigt. Hauptbezug: LG Kleve, Urteil v. 22.4.2015 - 1 O 89/11 Verwandte Artikel:
  • BGH, Urteil v. 11.5.2006 - IX ZR 63/05, NWB DokID: FAAAC-00964
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