Ein Autobahn-Polizist hat keine regelmäßige Arbeitsstätte im Revierkommissariat. Auch sein Einsatzgebiet auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen stellt keine großräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte dar (BFH, Urteil vom 19.10.2016 - VI R 32/15 (NV); veröffentlicht am 11.01.2017).
Sachverhalt und Verfahrensgang: Der Kläger war im Streitjahr 2012 als Polizeibeamter im Streifeneinsatzdienst tätig. Er suchte täglich das Revierkommissariat auf, um dort insbesondere sein Dienstfahrzeug zu übernehmen. Zum Einsatzgebiet des Klägers gehörten Bundesautobahnen sowie eine Bundesstraße. Der arbeitstägliche Aufenthalt des Klägers im Revierkommissariat betrug höchstens eine Stunde. Der Kläger machte Fahrtkosten für Fahrten von seiner Wohnung zum Revierkommissariat und zurück geltend. Außerdem begehrte er den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit.
Das FA erkannte die Verpflegungsmehraufwendungen nicht an und berücksichtigte Fahrtkosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale. Das FG wies die Klage ab. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Entgegen der Auffassung des FG sind die Aufwendungen des Klägers fĂĽr die Fahrten von seiner Wohnung zum Revierkommissariat in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten bei den EinkĂĽnften aus nichtselbständiger Arbeit zu berĂĽcksichtigen.
  • Der Kläger kann auch den Abzug der geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen beanspruchen.
  • Der arbeitstägliche Aufenthalt des Klägers im Revierkommissariat betrug höchstens eine Stunde. Im Ăśbrigen versah der Kläger seine berufliche Tätigkeit als Polizeibeamter im Streifeneinsatzdienst auf den Bundesautobahnen sowie auf der BundesstraĂźe. Der Kläger war hiernach schwerpunktmäßig auswärts und nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG bzw. an einem Tätigkeitsmittelpunkt i.S. des § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG tätig.
  • Das Einsatzgebiet des Klägers auf den Bundesautobahnen sowie auf der BundesstraĂźe stellte auch keine groĂźräumige (regelmäßige) Arbeitsstätte dar. Bei den Autobahnabschnitten und der BundesstraĂźe handelte es sich nicht um dauerhafte, betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers.
Hinweise:
Mit dieser, für eine Vielzahl von Polizeibeamten günstigen Entscheidung, widerspricht der BFH einigen (teilweise wohl rechtskräftigen) Entscheidungen der FG, die, wie die Vorinstanz, die zentrale Dienststelle des Beamten als regelmäßige Arbeitsstätte angesehen hatten (FG Münster, Urteil vom 19.02.2016 - 12 K 1620/15 E; FG Niedersachsen vom 22.05.2014 - 10 K 109/13; FG Berlin-Brandenburg vom 19.11.2014 - 3 K 3087/14). Das Urteil betrifft altes Recht und wurde deshalb wohl nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt. Allerdings hat die Entscheidung erhebliche Breitenwirkung und könnte nicht nur für Beamte im Streifendienst, sondern auch für andere Berufsgruppen, wie etwa Rettungsassistenten oder Postzusteller, von Bedeutung sein, deren Fälle noch offen sind. Ähnlich urteilte der BFH, Urteil vom 31.08.2016 - VI R 14/16 (NV), veröffentlicht am 11.01.2017, im Fall eines Kundendienst-Monteurs. Nach neuem Recht wurde der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte durch den Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" abgelöst. Danach wird die Zuordnung zur ersten Tätigkeitsstätte durch dienst- oder arbeitsrechtliche Bestimmungen bestimmt (vgl. § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F.). Quelle: BFH, Urteil vom 19.10.2016 - VI R 32/15 (NV); NWB Datenbank (Sc), aktualisiert am 12.01.2016 Hauptbezug: BFH, Urteil vom 19.10.2016 - VI R 32/15 (NV), NWB DokID: EAAAF-90191Verwandte Artikel:
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