Ein Steuerpflichtiger, der von Beruf Steuerberater ist, kann auch nach Eintritt der Bestandskraft Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen für eine von ihm angemietete Wohnung gemäß § 35a EStG geltend machen, wenn er von diesen Aufwendungen aufgrund der Betriebskostenabrechnung der Verwaltergesellschaft erst nach Durchführung der Veranlagung dem Grunde und der Höhe nach Kenntnis erlangt hat (FG Köln, Urteil vom 24.08.2016 - 11 K 1319/16; NZB anhängig).
Hintergrund: Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsachen oder Beweismittel trifft. Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung des Klägers für 2014 im Hinblick auf nachträglich geltend gemachte Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugunsten des Klägers zu ändern ist. Die Betriebskostenabrechnung hatte er erst nach Bestandskraft des Bescheides für 2014 erhalten und im Januar 2016 an das FA übersandt. Das FA vertrat die Auffassung, eine Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheitere am grob schuldhaften Verhalten des Klägers. Dieser sei fachkundig und hätte im Hinblick darauf, dass er bereits in den Vorjahren entsprechende Aufwendungen geltend gemacht habe, grob fahrlässig gehandelt, indem er es unterlassen habe, die Aufwendungen für haushaltsnahen Dienstleistungen zu erklären bzw. darauf hinzuweisen, dass noch derartige Aufwendungen anfallen könnten, die in 2014 berücksichtigt werden sollten. Hierzu führten die Richter des FG Köln weiter aus:
  • Den Kläger trifft - auch unter BerĂĽcksichtigung seiner Ausbildung und Tätigkeit als Steuerberater - kein grobes Verschulden.
  • Die unterlassene Eintragung der streitigen Aufwendungen in das Erklärungsformular war ebenso wenig wie deren spätere Geltendmachung und der Verzicht auf eine vorsorgliche Einspruchseinlegung gegen den Einkommensteuerbescheid nicht auf grob schuldhafte Unkenntnis der einschlägigen Steuerrechtsvorschriften zurĂĽckzufĂĽhren.
  • MaĂźgeblicher Grund war vielmehr, dass der Kläger die Betriebskostenabrechnung erst im Dezember 2015, also ein halbes Jahr nach DurchfĂĽhrung der Einkommensteuerveranlagung fĂĽr 2014, von der Verwaltungsgesellschaft erhalten hat.
  • Davor besaĂź der Kläger weder positive Kenntnis von der Entstehung der nach § 35a EStG begĂĽnstigten Aufwendungen, noch kannte er die Art der zugrunde liegenden Tätigkeiten.
  • Auch waren fĂĽr den Kläger, der die Leistungen als Mieter nicht in Auftrag gegeben hat, deren Art und Umfang im Zeitpunkt der Erklärungsabgabe nicht vorhersehbar.
  • Soweit das FA ein grobes Verschulden darin sieht, dass der Kläger die streitigen Aufwendungen bei Abgabe seiner Steuererklärung nicht wenigstens geschätzt bzw. unter Hinweis auf deren erst spätere Geltendmachung auf eine insoweit gemäß § 165 AO vorläufige oder eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der NachprĂĽfung (§ 164 Abs. 1 AO) hingewirkt hat, teilt der Senat diese Auffassung nicht.
  • Der amtliche Erklärungsvordruck sieht in den die haushaltsnahen Dienst- und Handwerkerleistungen betreffenden Rubriken neben Angaben zur „Art der Tätigkeit / Aufwendungen” lediglich die Eintragung eines - exakt zu beziffernden - Betrags vor.
  • Ist dem Steuerpflichtigen aus von ihm nicht zu vertretenden GrĂĽnden im Zeitpunkt der Erklärungsabgabe nicht positiv bekannt, dass in dem betreffenden Jahr ĂĽberhaupt nach § 35a EStG begĂĽnstigte Aufwendungen angefallen sind, so ist er weder zu einer schätzweisen, eben nicht seinem „besten Wissen” entsprechenden Angabe verpflichtet, noch ergibt sich aus dem Gesetz fĂĽr diese Fälle eine Verpflichtung, bei Abgabe der Steuererklärung auf die BeifĂĽgung eines Vorläufigkeitsvermerks oder eines Vorbehalts der NachprĂĽfung hinzuwirken.
Hinweis: Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH unter dem Az. VI B 75/16 anhängig. Quelle:NWB Datenbank (il)Hauptbezug: FG Köln, Urteil vom 24.08.2016 - 11 K 1319/16, NWB DokID: UAAAG-53549 Verwandte Artikel:
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