Eine AG kann Rückstellungen für Verbindlichkeiten aus einem Aktienoptionsprogramm zugunsten von leitenden Mitarbeitern nicht bilden, wenn die Optionen nur ausgeübt werden können, falls der Verkehrswert der Aktien zum Ausübungszeitpunkt einen bestimmten Betrag übersteigt und/oder wenn das Ausübungsrecht davon abhängt, dass es in der Zukunft zu einem Verkauf des Unternehmens oder einem Börsengang kommt (BFH, Urteil vom 15.03.2017 - I R 11/15; veröffentlicht am 02.08.2017).
Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin (AG) gab von 2006 bis 2009 Aktienoptionen an Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter aus. Die Verpflichtung der Klägerin war davon abhängig, dass der Verkehrswert der Aktien zum Ausübungszeitpunkt der Option einen bestimmten Betrag überschreitet. Außerdem war das Optionsrecht der Mitarbeiter davon abhängig, dass entweder wesentliche Vermögenswerte der Klägerin bzw. die Aktienmehrheit an unabhängige Dritte verkauft wird oder im Zusammenhang mit einem Börsengang Verkäufe von Aktien durch bestimmte „Sponsoren“ an unabhängige Dritte erfolgen. Die Optionsbedingungen sahen u.a. ein Ersetzungsrecht vor, d.h. nach Ausübung einer Option kann die Klägerin nach eigenem Ermessen festlegen, dass statt der Ausgabe von Options-Aktien ein deren Verkehrswert entsprechender Barbetrag abzüglich des Ausübungspreises gezahlt wird. Im Oktober 2009 erklärte die Klägerin gegenüber den Optionsberechtigten, sie werde von ihrem Ersetzungsrecht Gebrauch machen. Für Zahlungsverpflichtungen aus dem Aktienoptionsprogramm bildete die Klägerin in den Streitjahren 2006-2010 Rückstellungen. Nach Auffassung des FA kommt die Bildung von Rückstellungen für Zahlungsverpflichtungen aus dem in den Optionsbedingungen geregelten Ersetzungsrecht für die Zeit vor deren Erklärung über die Ausübung dieses Rechts vom Oktober 2009 schon deshalb nicht in Betracht, weil seinerzeit noch nicht festgestanden habe, ob die Klägerin das ihr zustehende Wahlrecht, Ansprüche aus dem Optionsprogramm durch Geldzahlungen zu erfüllen, ausüben werde. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Die Ausgabe von Aktienoptionen an Mitarbeiter durch eine AG im Rahmen eines Aktienoptionsplans, der mit einer bedingten Kapitalerhöhung verbunden ist, führt nicht zu einem gewinnwirksamen Personalaufwand; auch ist im Hinblick auf die künftige Ausgabe neuer Aktien mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung kein Raum für die Passivierung einer Verbindlichkeitsrückstellung.
  • Die gebildeten Rückstellungen beziehen sich dementsprechend auch nicht auf eine künftige Ausgabe von Aktien, sondern auf die eventuellen künftigen Zahlungsverpflichtungen aus der in den Optionsbedingungen geregelten Ersetzungs- bzw. Rückkaufsbefugnis der AG.
  • Die Rückstellungsbildung hinsichtlich der Ansprüche der Optionsberechtigten auf Barausgleich scheitert daran, dass die Verbindlichkeiten zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht waren. Die Verbindlichkeiten der AG auf Barausgleich an jene Optionsberechtigten, die zu den Bilanzstichtagen in den Diensten der AG gestanden haben, waren zu diesen Zeitpunkten noch nicht rechtlich entstanden.
  • Zwar können Rückstellungen auch für am Bilanzstichtag dem Grunde nach noch nicht entstandene (d.h. ungewisse) Verbindlichkeiten gebildet werden, wenn sie bis zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich verursacht sind. Auch dies war hier indessen nicht der Fall.
Quelle: BFH, Urteil vom 15.03.2017 - I R 11/15; NWB Datenbank (Sc)Hauptbezug: BFH, Urteil vom 15.03.2017 - I R 11/15, NWB DokID: MAAAG-52010 Verwandte Artikel:
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