Hat die Finanzbehörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet, kann auch nach der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ein Einspruch mit einfacher E-Mail eingelegt werden, ohne dass diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden muss. § 87a Abs. 3 Sätze 1 und 2 AO sind auf die Einlegung eines Einspruchs nicht anzuwenden (BFH, Urteil v. 13.5.2015 - III R 26/14; veröffentlicht am 19.8.2015).Hintergrund: Nach der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 AO ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 AO kann eine durch Gesetz für Anträge, Erklärungen oder Mitteilungen an die Finanzbehörden angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (§ 87a Abs. 3 Satz 2 AO). Die Signierung mit einem Pseudonym ist nicht zulässig (§ 87a Abs. 3 Satz 3 AO). Sachverhalt: Die Familienkasse hatte im Januar 2013 eine Kindergeldfestsetzung aufgehoben und in dem Bescheid die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit einfacher E-Mail Einspruch ein, den die Familienkasse als unbegründet zurückwies. Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage ab: Da der Einspruch mangels qualifizierter elektronischer Signatur nicht wirksam eingelegt worden sei, liege ein bereits bestandskräftiger Aufhebungsbescheid vor. Der BFH folgte dem nicht. Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
  • Die "schriftliche" Einspruchseinlegung erfordert nicht, dass der Einspruch im Sinne der strengeren "Schriftform" vom EinspruchsfĂĽhrer eigenhändig unterschrieben wird (Senatsurteil v. 30.10.1997 - III R 27/93).
  • Ausreichend ist, wenn aus dem SchriftstĂĽck hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat.
  • Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit keine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz voraus. § 87a Abs. 3 Satz 2 AO findet fĂĽr die Einlegung eines Einspruchs keine Anwendung.
  • Insoweit ist ein einfaches elektronisches Dokument ohne qualifizierte elektronische Signatur (z.B. eine einfache E-Mail) geeignet, einen papiergebundenen, schriftlich eingelegten Einspruch zu ersetzen.
  • Voraussetzung ist jedoch, dass die Behörde einen Zugang fĂĽr die Ăśbermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat.
  • Dies ergab sich im Streitfall daraus, dass die Familienkasse in dem angegriffenen Bescheid ihre E-Mail-Adresse angegeben hatte.
Hinweis: Ab den 1.8.2013 wurde § 357 Abs. 1 Satz 1 AO dahingehend ergänzt, dass der Einspruch auch "elektronisch" eingereicht werden kann. Damit wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass ein einfaches elektronisches Dokument zur Einspruchseinlegung ausreicht und es nicht der Einhaltung der strengeren "elektronischen Form" bedarf, die eine qualifizierte elektronische Signatur erfordert. Diese bürgerfreundliche Erleichterung gilt allerdings für eine eventuell nachfolgende Klageerhebung nicht: § 52a FGO ist formstrenger; Einzelheiten zur Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung lassen sich der Rechtsbehelfsbelehrung der jeweiligen Einspruchsentscheidung entnehmen. Hauptbezug: BFH, Urteil v. 13.5.2015 - III R 26/14, NWB DokID: LAAAE-99392Verwandte Artikel:
•    BFH, Urteil v. 30.10.1997 - III R 27/93, NWB DokID: DAAAB-38881
•    Einspruch per einfacher E-Mail, NWB 50/2014 S. 3789, NWB DokID: TAAAE-80589
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