Der BFH hat klargestellt, dass sich der Haupthausstand beiderseits berufstätiger Eheleute nicht automatisch dort befindet, wo sie sich gemeinsam überwiegend aufhalten (BFH, Urteil v. 7.5.2015 - VI R 71/14, NV; veröffentlicht am 29.7.2015).Hintergrund: Streitig war die Begründung einer doppelten Haushaltsführung aus beruflichem Anlass bei einem beiderseits berufstätigen Ehepaar im Wegverlegungsfall. Konkret geht es um die Frage, ob Ehegatten nur einen gemeinsamen Ehegattenhausstand bzw. Lebensmittelpunkt (hier: Deutschland oder Mosambik) haben können. Sachverhalt: Im Streitfall war die Klägerin befristet für drei Jahre im Ausland nichtselbständig tätig. Der Kläger - Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH in Deutschland - machte im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von rund 12.500 € als Werbungskosten geltend. Er gab an, seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt zu haben und die bisherige Wohnung in Deutschland nunmehr als Zweitwohnung am Beschäftigungsort zu nutzen. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Aufwendungen nicht an, die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Ob die außerhalb des Beschäftigungsortes belegene Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist und deshalb seinen (Haupt)Hausstand darstellt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.
  • Indizien können sein, wie oft und wie lange sich der Arbeitnehmer in der einen und der anderen Wohnung aufhält, wie beide Wohnungen ausgestattet und wie groß sie sind. Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthaltes am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen sowie die Zahl der Heimfahrten.
  • Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen (z.B. Art und Intensität der sozialen Kontakte, Vereinszugehörigkeiten und andere Aktivitäten) bestehen. Dies gilt insbesondere auch bei beiderseits berufstätigen (kinderlosen) Eheleuten, die - wie vorliegend - jeweils am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen eine familiengerechte Wohnung unterhalten.
  • Der Haupthausstand beiderseits berufstätiger Eheleute befindet sich nicht grds. dort, wo sie sich gemeinsam überwiegend aufhalten. Vielmehr ist der finanzgerichtlichen Rechtsprechung eine dahingehende Regelvermutung fremd. Ein solcher "Automatismus" wäre auch nicht mit dem Gebot der Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls in Einklang zu bringen.
Anmerkung: Das Finanzgericht (FG) hat im Streitfall eine Gesamtwürdigung vorgenommen. Es gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Klägers im Streitjahr nicht in Mosambik, sondern in Deutschland lag. Diese Würdigung war nach Ansicht des BFH nicht nur möglich, sondern naheliegend und revisionsrechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden. Denn das FG habe seine Auffassung zunächst damit begründet, dass sich der Kläger im Streitjahr lediglich 18 Tage in Mosambik aufgehalten und sich nicht von seinem sozialen Umfeld in Deutschland  gelöst habe. Dabei sah es sich durch den Umstand bestätigt, dass die Ehe der Kläger nicht nur in Mosambik, sondern beispielsweise über die Weihnachtsfeiertage auch in Deutschland gelebt wurde. Im Zuge dessen durfte das FG die Aufenthalte des Klägers in Mosambik im Ergebnis als Besuchsreisen (umgekehrte Familienheimfahrten) an den Beschäftigungsort der Klägerin und deren Reisen als (Familienheim)Fahrten an den gemeinsamen Wohnsitz (Lebensmittelpunkt) am Beschäftigungsort des Klägers bewerten. Hauptbezug: BFH, Urteil v. 7.5.2015 - VI R 71/14, NWB DokID: XAAAE-96705Verwandte Artikel:
  • Schmidt, Doppelte Haushaltsführung, Grundlagen, NWB DokID: IAAAE-70154
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RA, Dipl.-Finanzwirt (FH) Thomas Egle (v.i.S.d.P.)
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