Die Abgabe von Brezeln ("Wiesnbrezn") in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (BFH, Urteil vom 03.08.2017 - V R 15/17; veröffentlicht am 13.09.2017).
Sachverhalt: Die Klägerin hatte für die Dauer mehrerer Oktoberfeste in einem Festzelt einen Verkaufsstand zum Verkauf von Brezen gegen ein Entgelt gepachtet. Zudem durfte die Klägerin bis zu zwölf Personen als Verkäufer außerhalb des Mietgegenstandes beschäftigen. Die Klägerin unterwarf die Umsätze aus dem Verkauf von Backwaren auf dem Oktoberfest durch sog. Brezenläufer dem ermäßigten Steuersatz. Das FA vertrat die Auffassung, dass die streitgegenständlichen Umsätze aus dem Verkauf von Gebäck durch Brezenläufer dem Regelsteuersatz unterlägen, da der Klägerin eine die Bewirtung fördernde, von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur (Zelt mit Biertischgarnituren, Musik) zuzurechnen sei. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Die Abgabe von Brezeln in Festzelten durch einen vom Festzeltbetreiber personenverschiedenen Unternehmer unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, da es sich um eine Lieferung, nicht aber um eine sonstige Leistung handelt.
  • FĂĽr die vom FG angenommene Zurechnung der im Festzelt vorhandenen Verzehrvorrichtungen besteht keine Rechtsgrundlage. Soweit fĂĽr den Verzehr Mobiliar wie Sitz und Tischeinrichtungen zur VerfĂĽgung steht, ist zu berĂĽcksichtigen, dass das bloĂźe Vorhandensein von Mobiliar, das nicht ausschlieĂźlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln möglicherweise zu erleichtern, nicht als Dienstleistungselement angesehen werden kann, das geeignet wäre, dem Umsatz insgesamt die Eigenschaft einer Dienstleistung zu verleihen.
  • Damit kommt eine BerĂĽcksichtigung der Verzehrvorrichtungen bei der PrĂĽfung, ob die Klägerin Brezeln geliefert oder im Rahmen einer sonstigen Leistung abgegeben hat, nur dann in Betracht, wenn ihr der Art nach ein Mitbenutzungsrecht an diesen Verzehrvorrichtungen zugestanden hat. Selbst die Finanzverwaltung geht davon aus, dass es sich um ein „Zur-VerfĂĽgung-Stellen“ durch den Leistenden handeln muss.
  • Davon ist im Streitfall indes nicht auszugehen. Denn die Klägerin hat keine VerfĂĽgungs- oder Dispositionsmöglichkeit an den Bierzeltgarnituren in dem Sinne erlangt, dass sie Festzeltbesuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen konnte.
  • Zudem ist nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschlieĂźlich Brezeln von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Bierzeltgarnituren auch dann berechtigt waren, wenn sie keine zusätzlichen Leistungen des Festzeltbetreibers fĂĽr den Erwerb von dessen Getränken und Speisen in Anspruch nahmen.
  • Die Leistung der Klägerin ist daher nur als Abrundung eines gastronomischen Angebots der Festwirte durch einen vom Festwirt personenverschiedenen Unternehmer anzusehen, nicht aber als eigene die Annahme einer Lieferung verdrängende Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung der Klägerin.
Hinweis: Das Urteil ist zu den Streitjahren 2012 und 2013 ergangen. Bei gleichbleibenden Verhältnissen ist die kurz vor Beginn des Oktoberfests 2017 veröffentlichte BFH-Entscheidung auch für die Folgejahre zu beachten. Quelle: BFH, Urteil vom 03.08.2017 - V R 15/17; Pressemitteilung Nr. 58/2017 vom 13.09.2017 (Sc)Hauptbezug: BFH, Urteil vom 03.08.2017 - V R 15/17, NWB DokID: NAAAG-56541Verwandte Artikel:
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