Der BGH hat entschieden, dass mehrere vorformulierte Entgeltklauseln einer Sparkasse unwirksam sind und deshalb gegenĂĽber Verbrauchern nicht verwendet werden dĂĽrfen (BGH, Urteil vom 12.09.2017 - XI ZR 590/15).
Sachverhalt: Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverein, der als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG eingetragen ist. Er macht die Unwirksamkeit verschiedener Klauseln geltend, die die beklagte Sparkasse in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis gegenwärtig verwendet bzw. verwendet hat. Im Einzelnen beanstandet der Kläger folgende Regelungen:
  • Klausel 1: eine Klausel, mit der die Beklagte fĂĽr die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Lastschrift ein Entgelt in Höhe von 5 € erhebt;
  • Klauseln 2 und 3: zwei Klauseln, mit denen an zwei unterschiedlichen Stellen im Preis- und Leistungsverzeichnis die jeweils inhaltsgleiche Regelung getroffen wird, dass fĂĽr die Unterrichtung ĂĽber die berechtigte Ablehnung der AusfĂĽhrung einer Einzugsermächtigungs-/Abbuchungsauftragslastschrift bei fehlender Deckung ein Entgelt in Höhe von 5 € anfällt;
  • Klausel 4: eine Klausel, mit der die Beklagte bei Ăśberweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des EWR in Währungen eines Staates auĂźerhalb des EWR (Drittstaatenwährung) sowie bei Ăśberweisungen in Staaten auĂźerhalb des EWR (Drittstaaten) fĂĽr die Unterrichtung ĂĽber die berechtigte Ablehnung der AusfĂĽhrung eines Ăśberweisungsauftrages bei fehlender Deckung ein Entgelt in Höhe von 5 € berechnet ;
  • Klausel 5: eine mit der Klausel 4 wortgleiche Regelung betreffend Ăśberweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des EWR in Euro oder in anderen EWR-Währungen;
  • Klausel 6: eine Klausel, mit der die Beklagte unter anderem fĂĽr die Aussetzung und die Löschung eines Dauerauftrages bis zum 01.07.2013 auch von Verbrauchern ein Entgelt in Höhe von 2 € erhoben hat;
  • Klausel 7: eine von der Beklagten bis zum 13.12.2012 verwendete Klausel, wonach fĂĽr die FĂĽhrung eines Pfändungsschutzkontos ein monatliches Entgelt in Höhe von 7 € anfiel;
  • Klausel 8: eine Klausel, mit der die Beklagte fĂĽr die Ă„nderung oder Streichung einer Wertpapierorder ein Entgelt in Höhe von 5 € in Rechnung stellt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Klauseln 1 bis 5 und 7 insgesamt, die Klausel 6 hinsichtlich der Varianten „Aussetzung“ und „Löschung“ sowie die Klausel 8 bezüglich der Alternative „Streichung einer Order“ gegen § 307 BGB verstoßen, und nimmt die Beklagte insoweit darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Hierzu führte der BGH weiter aus:
  • Die Klauseln 1 bis 5 weichen von § 675f Abs. 4 Satz 2, § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB und damit von einer gesetzlichen Preisregelung ab, weil das darin jeweils vorgesehene Entgelt in Höhe von 5 € fĂĽr die Unterrichtung ĂĽber die berechtigte Ablehnung der AusfĂĽhrung einer SEPA-Lastschrift, einer Einzugsermächtigungs- oder Abbuchungsauftragslastschrift bzw. einer Ăśberweisung auf der Grundlage des Prozessvortrags der Beklagten nicht an den hierfĂĽr tatsächlich anfallenden Kosten ausgerichtet ist.
  • Die Klausel 6 weicht hinsichtlich der Fallgruppen „Aussetzung“ und „Löschung“ eines Dauerauftrages ebenfalls von der gesetzlichen Preisregelung des § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB ab, weil die Beklagte in diesen Fällen kein Entgelt erheben darf.
  • Die Klausel 7 unterliegt ebenfalls der Inhaltskontrolle, weil sie fĂĽr die FĂĽhrung des Pfändungsschutzkontos ein Entgelt in Höhe von 7 € vorsieht, das eine kontrollfähige Preisnebenabrede darstellt.
  • Bei der Klausel 8 handelt es sich im Hinblick auf die streitige Alternative der „Streichung einer Order“ gleichfalls um eine der Inhaltskontrolle unterworfene Preisnebenabrede.
  • Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle halten die angegriffenen Klauseln nicht stand, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen, von denen abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und die Kunden der Beklagten entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
  • Dies gilt fĂĽr die Klauseln 1, 2, 3, 5 und 6 (im angegriffenen Umfang der Aussetzung und Löschung eines Dauerauftrages) bereits deshalb, weil sie gegen die Vorgaben von § 675f Abs. 4 Satz 2, § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB verstoĂźen, von denen gemäß § 675e Abs. 1 BGB nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden darf.
  • Die Klausel 4 weicht von den gemäß § 675e Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BGB disponiblen Vorgaben der § 675f Abs. 4 Satz 2, § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB ab, wodurch die unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB indiziert wird. Umstände, nach denen diese Vermutung als widerlegt anzusehen sein könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
  • Die Klausel 7 hält einer Inhaltskontrolle ebenfalls nicht stand.
  • Die Klausel 8 ist unwirksam, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht, da sie einen Aufwand der Beklagten fĂĽr die ErfĂĽllung einer gesetzlichen Pflicht auf den Kunden abwälzt. Zu den wesentlichen Grundgedanken auch des dispositiven Rechts gehört, dass jeder Rechtsunterworfene seine gesetzlichen Rechtspflichten zu erfĂĽllen hat, ohne dafĂĽr ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Ein Anspruch hierauf besteht nur, wenn dies im Gesetz ausnahmsweise vorgesehen ist, was vorliegend nicht der Fall ist.
  • Im Hinblick auf die Verwendung der beanstandeten Klauseln besteht schlieĂźlich auch die erforderliche Wiederholungsgefahr.
Quelle: BGH, Pressemittteilung Nr. 140/2017 vom 12.09.2017 (Sc) Hauptbezug: BGH, Urteil vom 12.09.2017 - XI ZR 590/15
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