Der sog. Sanierungserlass des BMF, durch den Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt werden sollten, darf für die Vergangenheit nicht angewendet werden (BFH, Urteile v. 23.08.2017 - I R 52/14 und X R 38/15; veröffentlicht am 25.10.2017).
Hintergrund: Der Große Senat des BFH hatte den sog. Sanierungserlass mit BFH-Beschluss v. 28.11.2016 - GrS 1/15 verworfen, weil er gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Das BMF hat die Finanzämter daraufhin angewiesen, den sog. Sanierungserlass in allen Fällen, in denen die an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) 08.02.2017 (Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH) endgültig auf ihre Forderungen verzichtet haben, gleichwohl weiterhin uneingeschränkt anzuwenden. Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen v. 27.06.2017 sind inzwischen antragsgebundene Steuerbefreiungstatbestände für Sanierungsgewinne geschaffen worden (§ 3a EStG und § 7b GewStG). Diese Bestimmungen finden auf Altfälle keine Anwendung. Sachverhalt: In den beiden Urteilen zugrunde liegenden Verfahren hatten die Kläger mit den jeweiligen Finanzämtern darüber gestritten, ob in ihren Fällen die Voraussetzungen für einen Steuererlass vorliegen. Es handelte sich dabei um Altfälle, in denen der Forderungsverzicht der Gläubiger vor dem 09.02.2017 lag. Die Finanzämter hatten in beiden Fällen den Antrag auf Steuererlass abgelehnt, weil es entweder an der erforderlichen Sanierungsabsicht gefehlt habe oder die Sanierungseignung des Forderungsverzichts nicht gegeben sei. Hierzu führte der BFH u.a. weiter aus:
  • Die Anordnung des BMF verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung wie der sog. Sanierungserlass selbst. Eine solche Regelung kann nur der Gesetzgeber treffen.
  • Der sog. Sanierungserlass ist daher keine geeignete Grundlage fĂĽr einen Steuererlass aus BilligkeitsgrĂĽnden.
  • Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung, der allein es obliegt zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat.
  • Daher lässt sich der Steuererlass in Fällen, in denen die Unbilligkeit der Besteuerung i.S. der §§ 163 und 227 AO nicht gegeben ist, auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf gestĂĽtzten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung begrĂĽnden.
Quelle: BFH, Urteile v. 23.08.2017 - I R 52/14 und - X R 38/15 sowie Pressemitteilung v. 25.10.2017 (Ls) Hauptbezug: BFH, Urteile v. 23.08.2017 - I R 52/14 und - X R 38/15, NWB DokIDs: QAAAG-60392 und PAAAG-60388Verwandte Artikel:
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