Der Beschluss des FG Hamburg zur Verfassungswidrigkeit des § 8c Satz 2 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (jetzt § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG) liegt nun im Volltext vor.Hintergrund: Mit Beschluss v. 29.08.2017 - 2 K 245/17 hat der 2. Senat des FG Hamburg das BVerfG zu der Frage angerufen, ob § 8c Satz 2 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (jetzt § 8c Absatz 1 Satz 2 KStG) verfassungswidrig ist (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 01.09.2017). Sachverhalt: In der Sache ging es um eine Grundstücksentwicklungs-GmbH, die 2005 gegründet wurde und zunächst nur Verluste erwirtschaftete. 2006 teilte die Alleingesellschafterin ihren Anteil in zwei Teilgeschäftsanteile von nominell 20.000 € und 5.000 €, letzteren veräußerte sie sodann. Ende 2008 veräußerte sie auch den verbliebenen Geschäftsanteil von nominell 20.000 € an eine zum Konzern gehörige AG. In diesem Jahr erwirtschaftet die Gesellschaft auch erstmals Gewinne. Das FA versagte die begehrte Verlustberücksichtigung im Streitjahr 2008 unter Berufung auf den mit Wirkung vom 01.01.2008 eingeführten § 8c Satz 2 KStG. Die Klägerin hielt diese Verlustabzugsbeschränkung für verfassungswidrig. Hierzu führten die Richter des FG Hamburg weiter aus:
  • Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG v. 29.03.2017 - 2 BvL 6/11, BGBl I 2017, 1289 zur Verfassungswidrigkeit von § 8c Satz 1 KStG erweist sich auch die Regelung in § 8c Satz 2 KStG, wonach der Verlustvortrag einer Kapitalgesellschaft vollständig wegfällt, wenn innerhalb von fĂĽnf Jahren mehr als 50 % der Anteile ĂĽbertragen werden, als mit Art 3 GG nicht vereinbar.
  • Satz 2 der Vorschrift verletzt - wie Satz 1- das sog. Trennungsprinzip.
  • FĂĽr den Verlustuntergang wird auf die Ebene der Anteilseigner abgestellt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft hängt aber nicht davon ab, wer Gesellschafter ist und wer sie kontrolliert.
  • Eine Rechtfertigung hierfĂĽr hat der vorlegende Senat nicht erkennen können: Eine Verhinderung von missbräuchlichen Gestaltungen, wie bei den frĂĽheren sog. Mantelkauffällen, scheidet aus, weil die Regelung keine typischen Missbrauchsfälle erfasst, sondern auch den „Normalfall“ einer AnteilsĂĽbertragung und damit als allgemeiner Abzugsausschluss wirkt.
  • Allein durch die Ăśbertragung von mehr als 50 % der Anteile geht auch nicht typisierend die wirtschaftliche Identität verloren, die fĂĽr eine Verlustnutzung stets erforderlich ist.
  • Die unwiderlegbare Vermutung, dass bereits die Möglichkeit der Einflussnahme des Anteilserwerbers die Gesellschaft zu einer „anderen“ macht, ist nicht tragfähig. Angesichts der vielfältigen GrĂĽnde fĂĽr eine AnteilsĂĽbertragung kann eine Veränderung der wirtschaftlichen Identität erst anhand der tatsächlich ergriffenen MaĂźnahmen der Gesellschafter beurteilt werden.
  • Der Verzicht auf jegliche weitere Voraussetzungen, die an das Substrat der Gesellschaft, wie deren Betriebsvermögen und/oder den Unternehmensgegenstand anknĂĽpfen, und das alleinige Abstellen auf die Ăśbertragung von mehr als 50 % der Anteile verfehlt den Zweck der Regelung, Ă„nderungen der wirtschaftlichen Identität zu erfassen.
Quelle: FG Hamburg, Pressemitteilung vom 18.10.2017 (il) Hauptbezug: FG Hamburg, Beschluss v. 29.08.2017 - 2 K 245/17; NWB DokID: MAAAG-60376Verwandte Artikel:
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