Die Mehrwertsteuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Verbringung kann nicht mit der Begründung versagt werden, der Steuerpflichtige habe keine vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen (EuGH, Urteil v. 20.10.2016 - C-24/15).Sachverhalt: Das FG München hat dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen (Beschluss v. 04.12.2014 - 14 K 1511/14) die Frage vorgelegt, ob nach Art. 22 Abs. 8 und Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 und Buchst. d der Sechsten Richtlinie eine Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung zu versagen ist, wenn der Lieferer zwar nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen im Hinblick auf formelle Erfordernisse bei der Aufzeichnung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erfüllt hat, aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung bestehen, der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat verbracht worden ist und auch die übrigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vorliegen. Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:
  • Die Mitteilung der vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Steuerpflichtigen stellt keine materielle Voraussetzung für die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Verbringung von der Mehrwertsteuer dar.
  • Daher darf die Verwaltung eines Mitgliedstaats die Befreiung einer innergemeinschaftlichen Verbringung von der Mehrwertsteuer nicht allein aus dem Grund versagen, dass der Steuerpflichtige die ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nicht mitgeteilt hat.
  • Allerdings sind zwei Fälle anerkannt, in denen die Nichteinhaltung einer formellen Anforderung den Verlust des Rechts auf Mehrwertsteuerbefreiung nach sich ziehen kann.
  • Zum einen kann sich ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat, nicht auf den Grundsatz der Steuerneutralität berufen.
  • Zum anderen kann der Verstoß gegen eine formelle Anforderung zur Versagung der Mehrwertsteuerbefreiung führen, wenn er den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden.
  • Wenn die Verwaltung allerdings über die Angaben verfügt, die für die Feststellung erforderlich sind, dass die materiellen Anforderungen erfüllt sind, darf sie hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Befreiung keine zusätzlichen Voraussetzungen festlegen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können.
  • Daraus folgt, dass in Fällen, in denen die Beteiligung des Steuerpflichtigen an einer Steuerhinterziehung jedenfalls ausgeschlossen wurde, diesem die Mehrwertsteuerbefreiung nicht mit der Begründung versagt werden darf, dass er nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um eine formelle Verpflichtung, nämlich die Mitteilung der vom Bestimmungsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Verbringung erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, zu erfüllen.
Hinweis: Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Quelle: EuGH online (il) Hauptbezug: EuGH, Urteil v. 20.10.2016 - C-24/15 Verwandte Artikel:
  • Hofmann/Huschens, Anhängige EuGH-Verfahren im Bereich der Mehrwertsteuer, NWB 1/2016 S. 44 NWB DokID: ZAAAF-18969
  • Huschens, Neue anhängige Verfahren vor dem EuGH auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, USt direkt digital 12/2015 S. 9 NWB DokID: BAAAC-85497
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