Eine Umsatzsteuerfestsetzung kann nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenüber dem leistenden Unternehmer nur dann geändert werden, wenn ihm ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht (BFH, Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16; V R 16/16; V R 24/16; veröffentlicht am 05.04.2017).
Hintergrund: Anders als in den damals gültigen Verwaltungsanweisungen entschied der BFH mit Urteil vom 22.08.2013 - V R 37/10, dass Bauträger für bezogene Leistungen nicht Steuerschuldner nach § 13b UStG sind. Dieser Auffassung schloss sich das BMF mit Schreiben vom 05.02.2014 an. Der Gesetzgeber besserte für die Zukunft nach und schuf eine Übergangsregelung für Altfälle (Stichtag: 15.02.2014), um bei Rückerstattung der gezahlten Steuern an den nur vermeintlichen Steuerschuldner (Bauträger) den eigentlichen Steuerschuldner (Bauhandwerker) nachträglich belasten zu können. So ist nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, wenn der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert und beide davon ausgegangen waren, dass der Leistungsempfänger die Steuer auf die vom Leistenden erbrachte Leistung schuldet; darüber hinaus wird die Erfüllungswirkung der Abtretung des Zahlungsanspruchs des Leistenden gegen den Leistungsempfänger an das Finanzamt (FA) geregelt (§ 27 Abs. 19 Sätze 2 ff. UStG). Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin (eine GmbH) erbrachte Mauerarbeiten gegenüber einer Bauträger-GmbH. Jene wurde vom FA – entsprechend der damaligen Verwaltungsvorschrift – als steuerpflichtige Leistungsempfängerin in Anspruch genommen. Nach der o.g. BFH-Entscheidung beantragte die Bauträger-GmbH beim FA die Erstattung der Umsatzsteuer, die sie in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldnerin zu sein. Das FA setzte daraufhin die Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin fest. Hiergegen berief sich die Klägerin auf den Schutz ihres Vertrauens in die von der Finanzverwaltung praktizierte Rechtslage. Das FG der ersten Instanz billigte die Umsatzsteuerfestsetzung, verpflichtete aber das FA dazu, das Angebot der Klägerin auf Abtretung ihres Anspruchs gegen die Bauträger-GmbH auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer anzunehmen. Der BFH bestätigte die Vorinstanz im Ergebnis. Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
  • Die gesetzliche Ăśbergangsregelung (§ 27 Abs. 19 UStG) schlieĂźt den allgemeinen Vertrauensschutz gegenĂĽber einer belastenden Ă„nderung (§ 176 Abs. 2 der AO) aus.
  • Entgegen dem Urteil des FG der ersten Instanz darf das FA die Umsatzsteuerfestsetzung nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG gegenĂĽber dem leistenden Unternehmer nur dann ändern, wenn diesem ein abtretbarer Anspruch auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer gegen den Leistungsempfänger zusteht.
  • Diese zusätzliche Ă„nderungsvoraussetzung ergibt sich aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und dem Wortlaut des § 27 Abs. 19 UStG, wobei zudem der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung zu berĂĽcksichtigen ist (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 03.12.2015 - V R 43/13, BStBl II 2016, 858, unter II.2.b).
Hinweis: Der Bauhandwerker wird auf diese Weise vollständig von der Umsatzsteuer auf seine Leistungen entlastet; er steht dann so, wie er stünde, wenn alles von vornherein richtig beurteilt worden wäre. Quelle: BFH, Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16; V R 16/16; V R 24/16 sowie BFH, Pressemitteilung vom 05.04.2017 (il) Hauptbezug: BFH, Urteil vom 23.02.2017 - V R 16, 24/16, NWB DokID: XAAAG-41819Verwandte Artikel:
  • Scholz/Nattkämper, Reverse-Charge-Verfahren, Grundlagen, NWB DokID: YAAAE-26319
  • Kettler/Schlegel, Kein Anspruch des Finanzamts gegen den Bauträger nach Abtretung gem. § 27 Abs. 19 UStG, NWB 20/2016 S. 1498, NWB DokID: YAAAF-72937
  • Gehm, Anspruch des Fiskus nach § 27 Abs. 19 UStG gegenĂĽber Bauträger als Leistungsempfänger, USt direkt digital 9/2016 S. 5, NWB DokID: SAAAF-72858
  • Schmidt, RĂĽckabwicklung der Umkehrung der Steuerschuld bei Bauleistungen, NWB 10/2016 S. 696, NWB DokID: SAAAF-67444
  • Streit/Fietz, Aktuelles zum Vertrauensschutz fĂĽr Bauleistende, NWB 35/2015 S. 2576, NWB DokID: XAAAE-99135
  • Robisch/Greif, Umsatzsteuererklärung 2014, NWB 16/2015 S. 1182,  NWB DokID: LAAAE-87890
Newsletter-Redaktion
Ass. jur. Andreas Illi (v.i.S.d.P.)
 
NWB Verlag GmbH & Co. KG
Eschstr. 22 - 44629 Herne
www.nwb.de
Kontakt
Wir sind fĂĽr Sie da

Haben Sie nicht etwas vergessen?

Kein Problem! Wir haben Ihren Warenkorb fĂĽr Sie gespeichert!
Nur noch ein paar Klicks und schon kommen Sie Ihrem Weiterbildungsziel ein Stück näher.
 
Sind Sie sich noch unsicher oder benötigen Beratung? Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren! Wir beraten Sie gern und klären alle offenen Fragen.

Nichts mehr verpassen!

Angebote, regelmäßige Infos und Tipps zum Thema Weiterbildung & Karriere  - Bleiben Sie mit unserem Newsletter immer auf dem Laufenden. Jetzt anmelden!