Erhält ein (Schein-)Gesellschafter eine von der Gewinnsituation abhängige, nur nach dem eigenen Umsatz bemessene Vergütung und ist er zudem von einer Teilhabe an den stillen Reserven der Gesellschaft ausgeschlossen, kann wegen des danach nur eingeschränkt bestehenden Mitunternehmerrisikos eine Mitunternehmerstellung nur bejaht werden, wenn eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative vorliegt. Hieran fehlt es jedoch, wenn zwar eine gemeinsame Geschäftsführungsbefugnis besteht, von dieser aber tatsächlich wesentliche Bereiche ausgenommen sind (BFH, Urteil v. 3.11.2015 - VIII R 63/13; veröffentlicht am 30.3.2016).Hintergrund: Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft auch Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Dies ist er nur dann, wenn er aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen (oder einer wirtschaftlich vergleichbaren) Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt. Die Kriterien für die Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich dabei grundsätzlich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft. Sachverhalt: Im Streitfall nahm eine aus L und G bestehende Gemeinschaftspraxis (GbR) eine weitere Ärztin (N) in die Gemeinschaft auf. Im Gesellschaftsvertrag wurde vereinbart, dass N "zu Null an den materiellen Werten der Gemeinschaft beteiligt" ist. Das Finanzamt lehnte – nach einer Außenprüfung – die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung für die dreigliedrige GbR im Streitjahr 2007 ab, da es am Mitunternehmerrisiko der Ärztin N mangele. Die Kläger beantragen die Ärztin N als Mitunternehmerin anzusehen. Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
  • Die Ă„rztin N war nicht am Gewinn der GbR beteiligt.
  • Am Verlust der GbR nahm N infolge der Abhängigkeit ihres VergĂĽtungsanspruchs von einem entsprechend hohen Gewinn der GbR nur begrenzt teil.
  • Der Gesellschaftsvertrag biete keine hinreichende Gewähr fĂĽr eine Beteiligung der N an den stillen Reserven der GbR.
  • Somit ergab sich fĂĽr N lediglich ein geringes Mitunternehmerrisiko, das auch nicht durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen wurde.
Hinweis: Im entschiedenen Fall ging es allein um die Beurteilung eines negativen Gewinnfeststellungsbescheids. Das Problem der Abfärbung ist Gegenstand eines weiteren Urteils in dieser Sache (VIII R 62/13; lesen Sie hierzu unsere News v. 30.3.2016). Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Gesellschafterstellung nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Gesellschafter am Verlust nicht teilnimmt und am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt ist oder weil sich sein Beitrag auf die Geschäftsführung (§ 706 Abs. 3 BGB) und seine Beteiligung am Geschäftsergebnis auf einen bestimmten Betrag beschränken (BGH v. 6.4.1987 – II ZR 101/86). Im entschiedenen Fall sprach alles gegen eine Mitunternehmerstellung, denn der in die Praxis aufgenommenen Ärztin stand nur eine von ihrem selbst erwirtschafteten Umsatz abhängige Gewinnbeteiligung zu, an den stillen Reserven der Praxis war sie nicht beteiligt, eine Abfindung für den Fall ihres Ausscheidens stand ihr nicht zu. Aus der fehlenden Vereinbarung über eine Beteiligung an den immateriellen Werten schloss der BFH zu Recht, dass die Scheingesellschafterin auch nicht am Praxiswert beteiligt war. Gerade bei Freiberuflern ist dieser Punkt von ausschlaggebender Bedeutung und meist zentraler Gegenstand ausdrücklicher Regelung. Ist dieser Gesichtspunkt nicht geregelt, so ist der "Gesellschaftsvertrag" unter Berücksichtigung aller seiner übrigen Bestimmungen auszulegen. Diese aber wiesen offenkundig darauf hin, dass der Ärztin keine Mitunternehmerstellung eingeräumt werden sollte. Quelle: NWB Datenbank Hauptbezug: BFH, Urteil v. 3.11.2015 - VIII R 63/13; NWB DokID: DAAAF-70024Verwandte Artikel:
  • Gehrmann, Mitunternehmerschaft, infoCenter; NWB DokID: XAAAA-88442
  • Gehrmann, Gewerbliche EinkĂĽnfte von Personengesellschaften, infoCenter; NWB DokID: AAAAC-42076
  • Thiele, Der infizierte Arzt, Beilage zu NWB 13/2012 S. 10; NWB DokID: XAAAE-04688
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