Nach der vor Einführung der Regelungen in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 geltenden Rechtslage kann im Fall der Realteilung mit Buchwertfortführung ein gewinnwirksamer Bilanzierungsfehler der realgeteilten Personengesellschaft nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs bei den Realteilern berichtigt werden (BFH, Urteil v. 20.10.2015 - VIII R 33/13; veröffentlicht am 20.4.2016).Hintergrund: Grundsätzlich müssen fehlerhafte Bilanzen für Zwecke der Veranlagung und der Gewinnfeststellung im Fehlerjahr und in den Folgejahren berichtigt werden. Ist dies nicht möglich, weil die Feststellungs- bzw. Steuerbescheide bestandskräftig sind und eine Änderungsvorschrift nicht eingreift oder Steuerfestsetzungen infolge Verjährung nicht mehr nachgeholt werden können, ist die Korrektur grds. in der Schlussbilanz des ersten Folgejahres nachzuholen, in dem dies noch mit steuerlicher Wirkung möglich ist. Die Gewinnauswirkung ergibt sich dann in diesem Kalenderjahr. Dies folgt aus dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Sachverhalt: 1982 wurde D als weiterer Gesellschafter in eine aus A, B und C bestehende Sozietät (ABCD-GbR) aufgenommen. In der Gesellschaftsbilanz wurden anlässlich des Eintritts des D die Wirtschaftsgüter einschließlich des Mandantenstamms mit dem Teilwert angesetzt. Korrespondierend zur Aufstockung in der Gesellschaftsbilanz wurde für die Altgesellschafter eine gemeinsame negative Ergänzungsbilanz gebildet, sodass sich dadurch - kompensiert - eine steuerliche Buchwertfortführung ergab. Die - vollständige - Abschreibung des Mandantenstamms in der Gesellschaftsbilanz vollzog sich im Zeitraum 1987 bis 1993. Die korrespondierende Gewinnerhöhung in der Ergänzungsbilanz wurde aber nur im Zeitraum 1987 bis 1992 vorgenommen. Es verblieb demnach zum 31.12.1992 ein passivierter Minderwert des Mandantenstamms in der Ergänzungsbilanz. 1997 wurde die Sozietät real geteilt unter Gründung von zwei neuen Gesellschaften (AB-GbR und DC-GbR). Die Realteilung erfolgte unter Buchwertfortführung mit Kapitalkontenanpassung ohne Aufdeckung der stillen Reserven. Fortgeführt wurde auch die negative Ergänzungsbilanz mit den darin noch passivierten Minderwerten für den Mandantenstamm; eine gewinnerhöhende Auflösung erfolgte anlässlich der Realteilung nicht. Das FA vertrat die Auffassung, die Auflösung müsse im Streitjahr nachgeholt werden. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg. Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
  • Die negativen Ergänzungsbilanzen der Kläger (hier A und B) mussten im Streitjahr gewinnerhöhend aufgelöst werden.
  • Bereits während des Bestehens der ABCD-GbR wären die Kläger verpflichtet gewesen, den in ihrer (gemeinsamen) negativen Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Minderwert fĂĽr den Mandantenstamm durch mit den Abschreibungsbeträgen in der Gesamthandsbilanz korrespondierende Zuschreibungen vollständig gewinnerhöhend aufzulösen.
  • Entgegen der Auffassung der Kläger waren die negativen Ergänzungsbilanzen im Streitjahr nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs bei der AB-GbR aufzulösen.
  • Die Minderwerte waren in persönlichen Ergänzungsbilanzen der Kläger A und B zu erfassen.
  • Eine interpersonelle Geltung der Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs - hier auf Ebene der AB-GbR als ĂĽbernehmender Rechtsträgerin nach der Realteilung - hat der BFH bereits in verschiedenen Fallkonstellationen anerkannt (BFH, Beschluss v. 21.8.2012 - I B 179/11; Urteile v. 6.6.2013 - I R 36/12; v. 11.4.2013 - III R 32/12; zur Bilanzberichtigung nach einem Formwechsel s. BFH, Urteil v. 16.12.2014 - VIII R 45/12).
  • Dies gilt insbesondere fĂĽr Einbringungen, die gemäß § 24 UmwStG zum Buchwert erfolgen.
  • Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Besteuerung der bisher nicht erfassten Gewinne (oder Wertsteigerungen) aufgrund der BuchwertfortfĂĽhrung lĂĽckenlos gesichert bleibt und als Folge des durch die BuchwertverknĂĽpfung hergestellten Bilanzenzusammenhangs auch die erfolgswirksame Berichtigung fehlerhafter Bilanzansätze des Einbringenden im Rahmen der Gewinnermittlung der aufnehmenden Personengesellschaft nach sich zieht.
  • Der Senat bejaht die interpersonelle Anwendbarkeit der Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs - entgegen der Auffassung der Kläger - auch fĂĽr den hier gegebenen Fall: Ein Bilanzierungsfehler bei der vor der Realteilung bestehenden Gesellschaft kann bei den Realteilern berichtigt werden, wenn die weiteren Voraussetzungen des formellen Bilanzenzusammenhangs erfĂĽllt sind.
  • Dies folgt aus der Vergleichbarkeit der Wahlrechte gemäß § 24 UmwStG a.F., bei Einbringung einer Sachgesamtheit die Buchwerte fortfĂĽhren zu können, und des im Jahr 1997 fĂĽr Ausbringungen im Rahmen der Realteilung gleichermaĂźen anerkannten Wahlrechts.
  • Die Rechtsprechung hat die Realteilung – vor EinfĂĽhrung der gesetzlichen Regelungen der Realteilung in § 16 Abs. 3 Sätze 2 bis 6 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) und den Ă„nderungen durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 – ihrem Wesen nach als umgekehrten Fall der Einbringung gemäß § 24 UmwStG 1977/1995 angesehen.
  • Das im Wege der Realteilung in Rechtsprechung und Finanzverwaltung anerkannte Wahlrecht zur FortfĂĽhrung der Buchwerte bei den Realteilern schränkt fĂĽr die Ausbringung von Betriebsvermögen aus einer Mitunternehmerschaft ebenso wie das in § 24 UmwStG a.F. fĂĽr Einbringungen geregelte Wahlrecht die ansonsten gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG gebotene Aufdeckung der stillen Reserven ein (BFH, Urteile v. 19.1.1982 - VIII R 21/77).
Quelle: NWB Datenbank Hauptbezug: BFH, Urteil v. 20.10.2015 - VIII R 33/13; NWB DokID: AAAAF-71545Verwandte Artikel:
  • Zantopp, Realteilung, Grundlagen, NWB DokID: PAAAE-69376
  • Schoor, Ăśberblick zur Realteilung von Mitunternehmerschaften, BBK 6/2015 S. 269, NWB DokID: CAAAE-86198
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