Die Vergütungen nach dem Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz (JVEG) für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter sind als Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig (FG Baden-Württemberg, Urteil v. 10.2.2016 - 12 K 1205/14; Revision anhängig).
Hintergrund: Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z. B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied (§ 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG). Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, wie die Vergütung nach dem JVEG aus der Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter (Schöffe) zu qualifizieren ist. Die Kläger vertreten die Ansicht, dass die Entschädigungen für Verdienstausfall und Zeitversäumnis nicht steuerbar sind. Hierzu führten die Richter des FG Baden-Württemberg weiter aus:
  • Die Einnahmen des Klägers steuerpflichtige EinkĂĽnfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG (a.A. FG Berlin, Urteil v. 6.12.1979 - IV 460/78).
  • Die „sonstige selbständige Arbeit“ ist im Gesetz nicht definiert.
  • In den Anwendungsbereich der Regelung fallen Tätigkeiten, die die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfassen und selbständig ausgeĂĽbte fremdnĂĽtzige Tätigkeiten in einem fremden Geschäftskreis (BFH, Urteil v. 15.6.2010 - VIII R 10/09).
  • Die Anwendung von § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG ist nicht auf verwaltende Tätigkeiten (der Exekutive) beschränkt.
  • Vorliegend ist der Kläger kraft Gesetzes zur AusĂĽbung seiner Tätigkeit verpflichtet und unterliegt hierbei keinen inhaltlichen Weisungen. Ihm wird kein Ergebnis vorgegeben, im Vordergrund steht nicht das Ableisten einer bestimmten Arbeitszeit.
  • Dem steht nicht entgegen dass der Kläger „ehrenamtlich” tätig geworden ist: Die hierfĂĽr gewährte Entschädigung, auch wenn sie den Verdienstausfall umfasst, bedeutet keine Entlohnung, sondern einen Ersatz des sonst entstehenden Schadens (vgl. BFH, Urteil v. 16.12.1987 - X R 7/82).
  • Dieser Ersatz wird steuerlich bei den EinkĂĽnften aus selbständiger Arbeit erfasst.
  • Die AusĂĽbung eines Ehrenamts schlieĂźt eine Gewinnerzielungsabsicht nicht aus.
  • Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit kann der Erzielung positiver EinkĂĽnfte dienen. Die fĂĽr die Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht erforderliche positive Gesamtprognose setzt nicht voraus, dass mit den Einnahmen der Lebensunterhalt bestritten werden kann.
  • Auch wenn davon auszugehen ist, dass ein ehrenamtlicher Richter seine Tätigkeit in erster Linie deshalb ausĂĽbt, um seine staatsbĂĽrgerlichen Pflichten zu erfĂĽllen und damit die Absicht, hierfĂĽr VergĂĽtungen zu erzielen, in den Hintergrund tritt, reicht es fĂĽr die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit aus, dass die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.
  • Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die streitgegenständlichen Einnahmen auch nicht bei den EinkĂĽnften aus nichtselbstständiger Arbeit zu erfassen.
  • Ein Dienstverhältnis liegt nicht vor, der Kläger schuldet nicht seine Arbeitskraft, sondern den Arbeitserfolg, die Mitwirkung an einer Entscheidung.
  • HierfĂĽr hält er keine festen BezĂĽge, auch hat er keinen Urlaubsanspruch oder einen Anspruch auf Fortzahlung der BezĂĽge im Krankheitsfall oder auf sonstige Sozialleistungen.
  • § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kommt nicht zur Anwendung, da die Zahlungen nach dem JVEG vom bestehenden Arbeitsverhältnis unabhängig sind.
  • Letztlich sind die Einnahmen auch nicht nach § 3 Nr. 12 S. 1 EStG steuerfrei, da es sich hierbei nicht um Aufwandsentschädigungen i.S.d. Vorschrift handelt
Quelle: NWB Datenbank (il) Hinweis: Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. IX R 10/16 anhängig. Hauptbezug: FG Baden-Württemberg, Urteil v. 10.2.2016 - 12 K 1205/14, NWB DokID: BAAAF-73237
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