Ein Gewerbetreibender kann seinen Betrieb nicht steuerneutral an seinen Nachfolger übergeben, wenn er sich den Nießbrauch vorbehält und seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fortführt (BFH, Urteil vom 25.01.2017 - X R 59/14; veröffentlicht am 14.06.2017).
Hintergrund: § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG erlaubt es, einen Betrieb ohne die Aufdeckung stiller Reserven zu übertragen. Sachverhalt und Verfahrensgang: Im Streitfall hatte die Klägerin das Grundstück, auf dem sich eine von ihr verpachtete Gaststätte befand, auf ihren Sohn übertragen, sich aber gleichzeitig den Nießbrauch vorbehalten und in der Folgezeit die Gaststätte weiter verpachtet. Das FA und ihm folgend das FG waren der Auffassung, sie habe durch die Übertragung des Grundstücks, das die einzige wesentliche Betriebsgrundlage war, einen steuerpflichtigen, wenn auch steuerbegünstigten Gewinn erzielt. Mit ihrer Revision wehrte sich die Klägerin gegen ihre Steuerpflicht. Der BFH gab dem FA und dem FG Recht. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Die Klägerin hat zwar unentgeltlich einen Betrieb übertragen, für eine steuerneutrale Übertragung ist aber zusätzlich erforderlich, dass dem Erwerber die betriebliche Betätigung ermöglicht wird und sich der Übertragende gleichzeitig einer weiteren Tätigkeit im Rahmen des übertragenen Gewerbebetriebes enthält.
  • Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb übertragen wird.
  • Hiervon ist die Judikatur zu unterscheiden, die eine steuerneutrale Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt erlaubt. Diese ist auf den Streitfall nicht übertragbar.
  • Entscheidend ist, dass der Begriff „Gewerbebetrieb“ eine tätigkeitsbezogene Komponente aufweist. Daher ist Voraussetzung einer Betriebsübergabe, dass der Gewerbetreibende nicht nur die Betriebsmittel überträgt, sondern auch seine durch den betrieblichen Organismus bestimmte gewerbliche Tätigkeit aufgibt.
Hinweise: Mit diesem Urteil bestätigt der BFH seine bisherige, für die Übertragung von Gewerbebetrieben geltende Rechtsprechung und weicht von der Rechtsprechung des IV. Senats zur Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe unter Nießbrauch ab, auf die § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG anzuwenden ist.
Um bei der unentgeltlichen Übertragung eines Gewerbebetriebs die eigene Versorgung sicherzustellen, sollte anstelle eines Nießbrauchs eine private Versorgungsrente i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG oder ein Entgelt vom Übernehmer bis zur Höhe des steuerlichen Kapitalkontos vereinbart werden. Sofern nämlich das Entgelt niedriger ist als die Buchwerte des Betriebsvermögens, handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH insgesamt um einen unentgeltlichen Vorgang (sog. Einheitstheorie), auf den § 6 Abs. 3 EStG anzuwenden ist. Ist dem Übergeber dagegen an seiner Weiterbeschäftigung gelegen, wäre an eine freie Mitarbeit zu denken. Da eine solche Mitarbeit einer begünstigten Betriebsveräußerung nach § 16 EStG nicht entgegensteht, kann sie auch eine steuerneutrale Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht hindern. Quelle: BFH, Pressemitteilung 39/17 vom 14.06.2017 (Sc)Hauptbezug: BFH, Urteil vom 25.01.2017 - X R 59/14, NWB DokID: LAAAG-47393Verwandte Artikel:
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