Berichtigt der Unternehmer eine Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV, wirkt dies auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung erstmals ausgestellt wurde (Änderung der Rechtsprechung: BFH, Urteil v. 20.10.2016 - V R 26/15; veröffentlicht am 21.12.2016).
Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin hatte den Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines Rechtsanwalts in Anspruch genommen, die nur auf einen nicht näher bezeichneten "Beratervertrag" Bezug nahmen. Weitere Rechnungen hatte ihr eine Unternehmensberatung ohne weitere Erläuterung für "allgemeine wirtschaftliche Beratung" und "zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung" erteilt. Das Finanzamt versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den in den Streitjahren 2005 bis 2007 erteilten Rechnungen. Es ging davon aus, dass die Rechnungen keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung enthielten. Dagegen erhob die Klägerin Klage und legte während des Klageverfahrens im Jahr 2013 berichtigte Rechnungen vor, die die Leistungen ordnungsgemäß beschrieben. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Nach dem Urteil des FG ermöglichten die berichtigten Rechnungen einen Vorsteuerabzug erst in 2013 und wirkten nicht auf die erstmalige Rechnungserteilung in den Streitjahren zurück. Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
  • Wird zunächst eine Rechnung ausgestellt, die den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG nicht entspricht, und wird diese Rechnung später nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt, kann das Recht auf Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG aufgrund der berichtigten Rechnung fĂĽr den Besteuerungszeitraum ausgeĂĽbt werden, in dem die Rechnung ursprĂĽnglich ausgestellt wurde.
  • Der EuGH hat mit Urteil v. 15.09.2016 - C-518/14 "Senatex" entschieden, dass Art. 167, Art. 178 Buchst. a, Art. 179 und Art. 226 Nr. 3 MwStSystRL einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe keine RĂĽckwirkung zukommt, so dass das Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf die berichtigte Rechnung nicht fĂĽr das Jahr ausgeĂĽbt werden kann, in dem diese Rechnung ursprĂĽnglich ausgestellt wurde, sondern fĂĽr das Jahr, in dem sie berichtigt wurde.
  • Der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist danach formelle, aber nicht materielle Voraussetzung fĂĽr das Recht auf Vorsteuerabzug (Rz 29, 38).
  • § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist richtlinienkonform auszulegen. Gleiches gilt fĂĽr § 31 Abs. 5 UStDV.
  • Eine Berichtigung nach dieser Vorschrift wirkt daher auf den Zeitpunkt zurĂĽck, in dem die Rechnung ursprĂĽnglich ausgestellt wurde.
  • An seiner frĂĽheren Rechtsprechung, wonach die Vorsteuer aus einer berichtigten Rechnung erst im Besteuerungszeitraum der Berichtigung abgezogen werden konnte (Senatsurteil vom 24.08.2006 - V R 16/05, unter II.3.c), hält der Senat infolge der EuGH-Rechtsprechung nicht mehr fest.
  • Berichtigungsfähig ist eine Rechnung dann, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält.
  • Die Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mĂĽndlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt werden.
Hinweis:
Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen. Sie hatten bislang bei späteren Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu leisten. Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sog. Vollverzinsung mit 6% jährlich zu verzinsen. Beides entfällt nunmehr. Quelle: BFH, Urteil v. 20.10.2016 - V R 26/15 sowie BFH, Pressemitteilung v. 21.12.2016 (il) Hauptbezug: BFH, Urteil v. 20.10.2016 - V R 26/15 Verwandte Artikel:
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