Der BFH hat zur Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen nach einer nicht steuerbaren Veräußerung einer Immobilie Stellung genommen. Er ist dabei insbesondere auf den Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung eingegangen und hat klargestellt, dass keine generelle Pflicht zur vorzeitigen Verwendung des Rückkaufwerts einer der Anschaffungsfinanzierung dienenden Kapitallebensversicherung besteht (BFH, Urteil v. 16.9.2015 - IX R 40/14; veröffentlicht am 23.12.2015).Hintergrund: Unter Aufgabe seiner früheren Rechtsauffassung hatte der BFH zunächst entschieden, dass Schuldzinsen für ein zur Anschaffung eines Mietobjekts aufgenommenes Darlehen auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden können, wenn und soweit der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der Darlehensverbindlichkeit ausreicht (BFH, Urteil v. 20.6.2012 - IX R 67/10). Den Abzug von nachträglichen Schuldzinsen im Falle der nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie hat der BFH später für den Fall bejaht, dass der Grundsatz des Vorranges der Schuldentilgung beachtet wurde (BFH, Urteil v. 8.4.2014 - IX R 45/13). Sachverhalt: Die Beteiligten stritten um die steuerliche Anerkennung von Schuldzinsen nach Veräußerung einer Immobilie mit Verlust nach Ablauf der „Spekulationsfrist”, wobei die Finanzierung über ein Lebensversicherungsmodell auch nach der Veräußerung belassen und die Zinsen von einem Konto beglichen wurden, das auf den Ehemann der Klägerin lautet, der nicht Miteigentümer ist. Hierzu führte der BFH nun weiter aus:
  • Schuldzinsen, die durch die Erzielung von EinkĂĽnften aus Vermietung und Verpachtung veranlasst sind, können auch nach einer nicht steuerbaren VeräuĂźerung der Immobilie grds. weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den VeräuĂźerungserlös nicht getilgt werden können.
  • Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können im Einzelfall durch die (frĂĽhere) EinkĂĽnfteerzielung veranlasst sein.
  • Nachträgliche Aufwendungen in Form von Schuldzinsen, die Ehegatten nach der VeräuĂźerung einer der EinkĂĽnfteerzielung dienenden Immobilie, welche im Eigentum nur eines Ehegatten stand, gemeinsam "aus einem Topf" finanzieren, können als (nachträgliche) Werbungskosten des frĂĽheren "EigentĂĽmer-Ehegatten" abgezogen werden.
  • Der Steuerpflichtige muss den aus der VeräuĂźerung einer bislang vermieteten Immobilie erzielten Erlös - soweit nicht Tilgungshindernisse entgegenstehen - stets und in vollem Umfang zur Ablösung eines im Zusammenhang mit der EinkĂĽnfteerzielung aufgenommenen Darlehens verwenden (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung).
  • Zu dem aus einer VeräuĂźerung erzielten "Erlös" zählt grds. auch eine vom Steuerpflichtigen vereinnahmte Versicherungssumme aus einer Kapitallebensversicherung, wenn diese in die Finanzierung der Anschaffungskosten einer fremdvermieteten Immobilie einbezogen und damit wesentlicher Bestandteil der Darlehensvereinbarung geworden ist.
  • Der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung verpflichtet den Steuerpflichtigen allerdings nicht, die Beendigung des Versicherungsvertrages von sich aus herbeizufĂĽhren, wenn die Versicherung weiterhin die RĂĽckfĂĽhrung des verbliebenen Darlehensrestbetrages absichert.
Quelle: NWB Datenbank Hauptbezug: BFH, Urteil v. 16.9.2015 - IX R 40/14; NWB DokID: SAAAF-18915Verwandte Artikel:
  • BMF v. 27.07.2015, Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den EinkĂĽnften aus Vermietung und Verpachtung nach VeräuĂźerung des Mietobjekts; NWB DokID: XAAAE-97191
  • Lipp, Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den EinkĂĽnften aus Vermietung und Verpachtung, NWB 33/2015 S. 2408; NWB DokID: YAAAE-97224
  • Hilbertz, Nachträgliche Schuldzinsen bei den EinkĂĽnften aus Vermietung und Verpachtung, NWB 6/2014 S. 328; NWB DokID: KAAAE-54095
  • Geserich, Nachträgliche Schuldzinsen bei den EinkĂĽnften aus Vermietung und Verpachtung, NWB 41/2012 S. 3304; NWB DokID: XAAAE-18588
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