Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat klargestellt, dass aus dem Ergebnis einer Getränkekalkulation bei einem Restaurant nach der sog. 30/70-Methode nicht ohne Weiteres auch auf den Außerhausverkauf von Speisen geschlossen werden kann (FG Münster, Urteil v. 4.12.2015 - 4 K 2616/14 E,G,U).Sachverhalt: Der Kläger betrieb ein chinesisch-mongolisches Speiserestaurant mit Buffetangebot. Der Außerhausverkauf von Speisen machte nach den Geschäftsunterlagen fast 30% des Gesamtumsatzes aus. Im Rahmen einer Betriebsprüfung gelangte das Finanzamt zu der Ansicht, dass die Kassenführung aufgrund schwerwiegender Mängel nicht ordnungsgemäß sei. Zur Ermittlung der Gewinn- und Umsatzhinzuschätzungen nahm der Prüfer eine Getränkekalkulation vor und berechnete an hand des gebuchten Anteils der Getränkeumsätze (18,51%) den Gesamtumsatz. Von der Kalkulationsdifferenz zum erklärten Umsatz nahm der Prüfer einen Sicherheitsabschlag in Höhe von 10% vor. Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung erlassenen Änderungsbescheide wandte der Kläger ein, dass das vom Prüfer ermittelte Ergebnis wirtschaftlich nicht erzielbar sei. Das Gericht gab der hiergegen erhobenen Klage teilweise statt. Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:
  • Aufgrund der erheblichen Mängel in der KassenfĂĽhrung besteht dem Grunde nach eine Schätzungsbefugnis. Die Schätzung auf Grundlage einer Getränkekalkulation ist grds. als auf betriebsinternen Daten aufbauende Schätzungsmethode bei Speisegaststätten geeignet.
  • Diese sog. 30/70-Methode basiert auf dem Gedanken, dass das Verhältnis zwischen verzehrten Speisen und Getränken nur geringen Schwankungen unterliege, da die Gäste im Durchschnitt zu jeder Speise eine bestimmte Menge an Getränken zu sich nehme.
  • DemgegenĂĽber besteht zwischen den Getränkeumsätzen im Restaurant und den Speisen, die auĂźer Haus geliefert werden, keine logische VerknĂĽpfung. Da der Anteil der AuĂźerhausverkäufe nicht unerheblich ist, könnten aus der Getränkekalkulation auf diese Umsätze keine unmittelbaren Schlussfolgerungen gezogen werden.
  • Andererseits sind alle Umsätze in derselben Barkasse gelandet, so dass die zu den Hinzuschätzungen berechtigenden KassenfĂĽhrungsmängel fĂĽr alle Bereiche gleichermaĂźen gelten.
Anmerkung: Aufgrund der doppelten Hebelwirkung, die bei der Übertragung des Kalkulationsergebnis auf die außer Hausumsätze entsteht, nahm der Senat für diese Umsätze einen doppelt so hohen Sicherheitsabschlag wie bei den übrigen Umsätzen vor. Anders als das Finanzamt zog der Senat die Sicherheitsabschläge nicht erst von der Kalkulationsdifferenz, sondern vom Kalkulationsergebnis ab, weil hiermit alle Unwägbarkeiten der gesamten Kalkulation abgegolten würden. Quelle: FG Münster; Newsletter v. 15.1.2016 Hauptbezug: FG Münster, Urteil v. 4.12.2015 - 4 K 2616/14 E,G,U, NWB DokID: XAAAF-45691Verwandte Artikel:
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