Eine ausdrückliche Option zur Ist-Besteuerung ist nicht erforderlich, wenn aus den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen – insbesondere der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG – erkennbar ist, dass in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung die Ist-Umsätze deklariert worden sind (BFH, Urteil v. 18.8.2015 - V R 47/14; veröffentlicht am 4.11.2015).
Hintergrund: Die Umsatzsteuer ist grds. nach vereinbarten Entgelten zu berechnen (§ 16 Abs. 1 UStG). Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann das Finanzamt auf Antrag jedoch gestatten, dass ein Unternehmer die Steuer nicht nach vereinbarten Entgelten, sondern nach vereinnahmten Entgelten berechnet (sog. Ist-Besteuerung). Die Ist-Besteuerung ist u.a. möglich für Freiberufler, die nicht bilanzieren, sowie für Unternehmer mit einem Jahresumsatz von bis zu 500.000 €. Sachverhalt: Der Kläger war ein Verein, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte. Für das Jahr 2003 hatte er – wie auch in den Folgejahren – eine Einnahmen-Überschussrechnung und eine Umsatzsteuererklärung abgegeben, in denen die Umsätze laut Umsatzsteuerklärung genauso hoch waren wie die Einnahmen in der Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt war der Erklärung für 2003 gefolgt. Auch für die Streitjahre 2006 bis 2008 wendete der Verein die Ist-Besteuerung an. Das Finanzamt setzte jedoch die Umsatzsteuer auf der Grundlage der Soll-Besteuerung fest, weil es die Ist-Besteuerung niemals ausdrücklich genehmigt hatte. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Gemäß § 20 UStG ist fĂĽr die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten anstelle der Regelbesteuerung nach vereinbarten Entgelten ein Antrag notwendig, auf Grund dessen das Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten durch formlosen Verwaltungsakt (§ 118 Satz 1 AO) gestattet haben muss.
  • Ein Antrag auf Ist-Besteuerung (§ 20 UStG) kann auch konkludent gestellt werden.
  • Der Steuererklärung muss deutlich erkennbar zu entnehmen sein, dass die Umsätze auf Grundlage vereinnahmter Entgelte erklärt worden sind. Das kann sich aus einer eingereichten Einnahme-/Ăśberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ergeben.
  • Hat ein Steuerpflichtiger einen hinreichend deutlichen Antrag auf Genehmigung der Ist-Besteuerung beim Finanzamt gestellt, dann hat die antragsgemäße Festsetzung der Umsatzsteuer den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt worden ist.
Hauptbezug: BFH, Urteil v. 18.8.2015 - V R 47/14, NWB DokID: ZAAAF-07191Verwandte Artikel:
  • Ebber, Ist- und Sollbesteuerung, infoCenter; NWB DokID: IAAAB-14438
  • Eckert, Dauer der Genehmigung zur Istversteuerung nach § 20 UStG, BBK 23/2014 S. 1110, NWB DokID: UAAAE-80392
  • Langer/Hammerl, BFH weicht Grundprinzip der Sollbesteuerung in der Umsatzsteuer auf, NWB 10/2014 S. 668, NWB DokID: ZAAAE-56287
  • Ist-Besteuerung bei Freiberuflern – BMF klärt den Begriff „BĂĽcher fĂĽhren“, NWB 52/2013 S. 4106, NWB DokID: XAAAE-51357
  • Gössler, Fallstricke beim Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung, NWB 37/2013 S. 2926, NWB DokID: SAAAE-43827
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