Beim Kauf eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten oder einen Dritten unterliegt lediglich der nach Abzug des Kapitalwerts des Erbbauzinsanspruchs vom Kaufpreis verbleibende Unterschiedsbetrag der Grunderwerbsteuer. Der Kaufpreis ist nicht nach der sog. Boruttau'schen Formel aufzuteilen (BFH, Urteil v. 6.5.2015 - II R 8/14; veröffentlicht am 8.7.2015).Hintergrund: Liegt bei einem Grundstückskauf eine Gesamtgegenleistung vor, die Entgelt sowohl für das Grundstück als auch für nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Gegenstände ist, so ist diese zwar im Regelfall nach der sog. Boruttau'schen Formel aufzuteilen. Die Verhältnisrechnung braucht aber ausnahmsweise dann nicht vorgenommen zu werden, wenn Gegenstand eines Erwerbsvorgangs unter Vereinbarung einer Gesamtgegenleistung ein Grundstück und eine Geldforderung ist. In diesen Fällen reicht es grundsätzlich aus, in Höhe der erworbenen Geldforderung einen Abzug von der vereinbarten Gesamtgegenleistung vorzunehmen, weil Kapitalforderungen im Regelfall mit dem Nennwert anzusetzen sind (BFH, Urteil v. 9.10.1991 - II R 20/89). Sachverhalt: Der Kläger und seine Eltern schlossen 1997 mit einer GmbH einen Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts an einem Grundstück der GmbH. 2007 verkaufte die GmbH dem Kläger das Grundstück zu einem Kaufpreis von 235.000 €. Zugleich vereinbarten die Vertragsparteien die Aufhebung des Erbbaurechts an dem Grundstück. Der Kläger war der Auffassung, der Kaufpreis sei im Streitfall nicht nach der sog. Boruttau'schen Formel aufzuteilen. Es müsse vielmehr der Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs von dem vereinbarten Kaufpreis abgezogen werden. Dieser Auffassung folgte nun auch der BFH. Hierzu führte der BFH weiter aus:
  • Der mit dem ErbbaugrundstĂĽck verbundene Erbbauzinsanspruch ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GrEStG grunderwerbsteuerrechtlich nicht Teil dieses GrundstĂĽcks. Der auf den Erwerb des Erbbauzinsanspruchs entfallende Teil der Gegenleistung unterliegt demgemäß nicht der Grunderwerbsteuer.
  • Dies gilt auch dann, wenn der Erbbauberechtigte selbst das erbbaurechtsbelastete GrundstĂĽck kauft und zwar unabhängig davon, ob der Erbbauberechtigte beabsichtigt, das Erbbaurecht aufzuheben oder nicht.
  • Bei Anwendung der sog. Boruttau'schen Formel wäre der Kaufpreis fĂĽr das GrundstĂĽck nicht im Verhältnis des gemeinen Werts des unbelasteten GrundstĂĽcks zum Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs, sondern im Verhältnis des ohne BerĂĽcksichtigung des Anspruchs auf den Erbbauzins ermittelten gemeinen Werts des belasteten GrundstĂĽcks zum Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs aufzuteilen.
  • Diese Formel ist jedoch hinsichtlich der Frage, welche Teile des Kaufpreises beim Erwerb eines erbbaurechtsbelasteten GrundstĂĽcks auf das GrundstĂĽck einerseits und auf den Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs andererseits entfallen, nicht anwendbar.
Anmerkung: Nach dem o.g. Urteil des BFH stellt auch der Anspruch auf den Erbbauzins eine Geldforderung dar. Bei der Aufteilung des Kaufpreises für das Grundstück in einen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Teil und in einen nicht der Steuer unterliegenden Teil ist somit der Kapitalwert des Erbbauzinses vom Kaufpreis abzuziehen. Diese Berechnungsmethode erübrigt eine eigenständige, ohne Berücksichtigung des Anspruchs auf den Erbbauzins erfolgende Ermittlung des gemeinen Werts des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks. Soweit der BFH bisher die Ansicht vertreten hat, die sog. Boruttau'sche Formel sei auch für die Aufteilung des Kaufpreises für ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück anwendbar, hält er daran nicht mehr fest. Hauptbezug:BFH, Urteil v. 6.5.2015 - II R 8/14, NWB DokID: NAAAE-94264Verwandte Artikel:
  • Lemke, Das Erbbaurecht – Grundlagen, Bedeutung und Lukrativität, NWB 3/2015 S. 117, NWB DokID: WAAAE-82130
  • Schmalbach, Erbbaurecht, infoCenter; NWB DokID: IAAAB-05366
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RA, Dipl.-Finanzwirt (FH) Thomas Egle (v.i.S.d.P.)
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