Das gilt auch dann, wenn das Grundstück von einer Gesellschaft erworben wird, die von dieser Person beherrscht wird (BFH, Urteil v. 2.7.2025 - II R 19/22; veröffentlicht am 27.11.2025).
Sachverhalt: Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin einer GmbH § Co. KG, die am 31.1.2017 noch als C-KG firmierte. Kommanditisten der C-KG waren zu 94 % A und zu 6 % dessen Töchter. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 31.1.2017 erwarb die C-KG Miteigentumsanteile an zwei zusammenhängenden Grundstücken von der X-GmbH. Gesellschafter der X-GmbH waren neben A und B - je 2,55 % - die Y-GmbH, an der A und B über die Z-GmbH hälftig beteiligt waren. Die Grunderwerbsteuer hatten die X-GmbH als Verkäuferin und C-KG als Käuferin jeweils hälftig zu tragen. Im Rahmen des Kaufvertrags regelten die X-GmbH und die C-KG, den Grundbesitz nach den Bestimmungen der Baugenehmigung gemeinsam zu bebauen und anschließend real zu teilen. Am 31.1.2017 schlossen die X-GmbH und die C-KG als Auftraggeberinnen mit der Baufirma S einen Generalunternehmervertrag über die schlüsselfertige Planung und Erstellung des Bauvorhabens. Die X-GmbH, die das Bauvorhaben ursprünglich allein verwirklichen wollte, stand zuvor mit der Baufirma in Verhandlung und hatte sich Angebote für das Bauvorhaben vorlegen lassen.
Das Finanzamt setzte gegenüber der C-KG für den Erwerb der Miteigentumsanteile Grunderwerbsteuer fest. Es ging dabei vom Vorliegen eines sogenannten einheitlichen Erwerbsgegenstands aus und berücksichtigte bei der Bemessung der Steuer die Baukosten. Gründe für die Inanspruchnahme der C-KG nannte das Finanzamt nicht.
Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG München, Urteil v. 20.4.2022 - 4 K 1857/19). Das FG ging davon aus, die C-KG habe die Miteigentumsanteile im Zustand der späteren Bebauung der Grundstücke erworben.
Die Richter des BFH hoben das FG-Urteil auf:
- Entgegen der Auffassung des FG ist der Grunderwerbsteuerbescheid sowohl formell als auch materiell rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten.
- Der Grunderwerbsteuerbescheid ist bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, weil das Finanzamt die Inanspruchnahme der Klägerin i. H. d. gesamten Steuer nicht begründet hat. Schuldner der Grunderwerbsteuer sind gem. § 13 Nr. 1 GrEStG regelmäßig die an einem Erwerbsvorgang als Vertragsteile beteiligten Personen als Gesamtschuldner nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AO. Die Entscheidung, gegen welchen der Gesamtschuldner die Grunderwerbsteuer festgesetzt wird, hat das FA nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen (§ 5 AO).
- Haben Käufer und Verkäufer vereinbart, die geschuldete Grunderwerbsteuer jeweils zur Hälfte zu tragen, und war dies dem Finanzamt bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids bekannt, bedarf die Inanspruchnahme des Käufers in Höhe der gesamten Steuer grundsätzlich einer Begründung, aus der die für das FA maßgeblichen Ermessenserwägungen hervorgehen.
- Fehlt die erforderliche Begründung und wird sie auch nicht in zulässiger Form nachgeholt, ist der Steuerbescheid bereits aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben (vgl. BFH, Urteil v. 1.7.2008 - II R 2/07, BFHE 222, 68, BStBl II 2008 S. 897). Der Bescheid ist im vorliegenden Fall danach rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, da das Finanzamt sein Auswahlermessen in Bezug auf die Inanspruchnahme der Klägerin als Schuldnerin der gesamten Steuer nicht begründet hat.
- Der Bescheid ist auch aus materiellen Gründen rechtswidrig. Entgegen der Auffassung des FA und des FG sind die Baukosten im Streitfall nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.
- Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gem. § 8 Abs. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 27.5.2020 - II R 25/17).
- Ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen ist gegeben, wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Baumaßnahme gegenüber der Veräußererseite nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten würde.
- Demgegenüber sind beim Erwerb eines noch zu bebauenden Grundstücks die Bauerrichtungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen, wenn das Grundstück von einer zur Veräußererseite gehörenden Person mit bestimmendem Einfluss auf das "Ob" und "Wie" der Bebauung erworben wird. Das gilt auch dann, wenn das Grundstück von einer Gesellschaft erworben wird, die von dieser Person beherrscht wird.
- Nach diesen Maßstäben ist das FG zutreffend davon ausgegangen, dass die C-KG als Erwerberin bei Abschluss des Kaufvertrags über die Miteigentumsanteile in ihrer Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Bebauung nicht mehr frei war. Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass die C-KG aufgrund des bestimmenden Einflusses ihres Mehrheitsgesellschafters A auf die Bebauung der Veräußererseite zuzurechnen und als Bauherrin anzusehen ist. Die Vorentscheidung ist daher auch aus diesem Grund aufzuheben und der Klage stattzugeben. Die aufgrund des Generalunternehmervertrags mit der Baufirma S entstandenen Baukosten sind nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.
Quelle:BFH, Urteil v. 2.7.2025 - II R 19/22; NWB Datenbank (lb)
Fundstelle(n:)
NWB LAAAK-05338






