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Investmentsteuergesetz | Besteuerung der Erträge aus einem ausländischen Investmentfonds (BFH)

Endriss Newsletter September 2025

Ein Gebot der Fremdverwaltung des Inhalts, dass für die Anwendbarkeit der Regelungen des Investmentsteuergesetzes 2004 die Vermögensverwaltung durch den Fondsverwalter von jeglicher Einflussnahme des oder der Anleger frei sein muss, besteht nicht (BFH, Beschluss v. 1.7.2025 - VIII R 18/22; veröffentlicht am 28.8.2025).

Sachverhalt: Der Kläger beteiligte sich im Jahr 2007 an einem nach Luxemburger Recht aufgelegten thesaurierenden Investmentfonds (ausländischer Spezialfonds). Dieser Spezialfonds richtete sich ausschließlich an institutionelle, professionelle und andere sachkundige Anleger im Sinne des Artikel 2 Abs. 1 des Luxemburger Gesetzes v. 13.2.2007 über spezialisierte Investmentfonds. Die Auflage des Fonds war auch als "Ein-Anleger-Fonds" möglich. Privatpersonen mit einer Mindesteinlage von 1,25 Mio. € konnten alleinige Anleger eines Spezialfonds sein (sog. Millionärsfonds). Veräußerungsgewinne aus diesen Spezialfonds waren aufgrund der Regelungen im Investmentsteuergesetz grundsätzlich steuerfrei und unterlagen als ausländische Erträge nicht der deutschen Abgeltungsteuer.

Der Kläger erklärte in Höhe der im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten ausschüttungsgleichen Erträge, seine Kapitalerträge ohne inländischen Steuerabzug. Er gab an, dass er faktisch Einfluss auf die Verwaltung des Investmentfonds genommen habe. Das Finanzamt war nach steuerstrafrechtlichen Ermittlungen der Auffassung, dass der Kläger die investmentsteuerlichen Privilegierungen zu Unrecht in Anspruch genommen habe, da der von ihm gehaltene Spezialfonds nicht alle Voraussetzungen des Fondsprivilegs nach dem Investmentsteuergesetz erfülle. Insbesondere liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Fremdverwaltung vor, weil die Verwaltung des Spezialfonds faktisch beim Kläger als Anleger verblieben sei. Das Finanzamt erhöhte daraufhin die erklärten Kapitalerträge.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts habe der Anwendung des Investmentsteuergesetzes 2004 die nachhaltige Einflussnahme des Klägers auf die Anlageentscheidungen des Fondsverwalters nicht entgegengestanden. Nach den für das Streitjahr einschlägigen Fassungen des Investmentsteuergesetzes und des Investmentgesetzes sei das Vorliegen einer Fremdverwaltung bei ausländischen Investmentfonds keine notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Investmentsteuergesetzes gewesen (FG Köln, Urteil v. 24.8.2022 - 12 K 1540/19, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 27.2.2023).

Die Richter des BFH wiesen die Revision des FA zurĂĽck:

  • Ein Gebot der Fremdverwaltung des Inhalts, dass fĂĽr die Anwendbarkeit der Regelungen des Investmentsteuergesetzes 2004 die Vermögensverwaltung durch den Fondsverwalter von jeglicher Einflussnahme des oder der Anleger frei sein muss, besteht nicht.
  • Die Besteuerung nach dem Investmentsteuergesetz 2004 ist bei einem Privatanleger abschlieĂźend und vorrangig gegenĂĽber einer Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. BFH, Urteil v. 24.10.2023 - VIII R 8/20, BStBl II 2025, 305).
  • Dies schlieĂźt es auch aus, die Kapitalanlagen eines Fonds gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dem Anteilseigner zuzuordnen.

Die Richter des BFH wiesen die Revision des FA zurĂĽck:

  • Ein Gebot der Fremdverwaltung des Inhalts, dass fĂĽr die Anwendbarkeit der Regelungen des Investmentsteuergesetzes 2004 die Vermögensverwaltung durch den Fondsverwalter von jeglicher Einflussnahme des oder der Anleger frei sein muss, besteht nicht.
  • Die Besteuerung nach dem Investmentsteuergesetz 2004 ist bei einem Privatanleger abschlieĂźend und vorrangig gegenĂĽber einer Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. BFH, Urteil v. 24.10.2023 - VIII R 8/20, BStBl II 2025, 305).
  • Dies schlieĂźt es auch aus, die Kapitalanlagen eines Fonds gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dem Anteilseigner zuzuordnen.

Anmerkung von Dr. Christian Levedag, Richter im VIII. Senat des BFH:

Das Besprechungsurteil betrifft die frühere Rechtslage unter dem InvStG 2004 zu den sog. luxemburgischen "Millionärsfonds" vor Einführung des früheren § 18 Abs. 2a (später § 21 Abs. 2a) InvStG 2004. Die Regelung zur sachlichen Anwendbarkeit des InvStG in § 1 Abs. 1 Satz 2 InvStG auf ausländische Investmentvermögen verwies auf die aufsichtsrechtlichen Regelungen des InvG, insbesondere die Regelungen in §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 8 und § 2 Abs. 9 InvG.

Für die Zurechnung von Einkünften auf Ebene des Anlegers (Klägers) aus dem streitbefangenen thesaurierenden luxemburgischen Ein-Anleger-Fonds (Spezialfonds für Wertpapiere in der Vertragsform eines sog. FCP) war umstritten, ob sich der Kläger wegen einer dauerhaften Einflussnahme auf Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen des Fonds gegenüber der Kapitalverwaltungsgesellschaft und einer von dieser beauftragten Fondsmanagerin entgegen den Regelungen des InvStG („Thesaurierungsprivileg“) Einkünfte oder Vermögensgegenstände gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO aus dem Fondsvermögen zurechnen lassen musste. Die Finanzverwaltung war der Meinung, dass das investmentsteuerliche Thesaurierungsprivileg nur eingreife, wenn das ausländische Investmentvermögen vollständig fremdverwaltet sei.

Das Finanzgericht und der BFH widersprachen dem. Der luxemburgische Fonds erfülle die formalen und materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Investmentvermögens nach dem InvG. Die Regelungen des InvStG fänden daher trotz einer originären steuerlichen Prüfungskompetenz zum Begriff des Investmentvermögens im Rahmen des § 1 InvStG Anwendung. Ein „Gebot der vollständigen Fremdverwaltung“ des Fondsvermögens lasse sich als ungeschriebene (implizite) Voraussetzung einer gemeinschaftlichen Kapitalanlage weder den Regelungen des InvStG noch des InvG entnehmen. Allenfalls in einer Konstellation, bei der dem Anleger ausnahmsweise durchsetzbare Weisungsrechte und/oder unmittelbare Zugriffsrechte auf das Fondsvermögen zustünden, könne ggf. etwas anderes gelten. Diese Frage sei aber im Besprechungsurteil aufgrund der tatsächlichen Feststellungen nicht entscheidungserheblich.

Mit dem Besprechungsurteil ist die Rechtsfrage für die Rechtslage des InvStG 2004 a.F. mit dem Verweis in das InvG geklärt. Ob insoweit noch offene Steuerstrafverfahren oder ruhende Einspruchs- und Klageverfahren existieren, ist dem Verfasser nicht bekannt.

Für spätere Rechtslagen mit dem Verweis des InvStG 2004 a.F auf das KAGG fehlt noch eine höchstrichterliche Klärung zum zulässigen Grad der Einflussnahme einzelner oder aller Anleger auf die Fondsanlageentscheidungen (siehe aber das rechtskräftige Urteil des FG München v. 7.10.2024 - 7 K 1803/21, EFG 2025, 503 mit Anmerkung Einsfelder; dazu auch Walter, RdF 2025, 158; Fischer, BB 2025, 1448).

FĂĽr das InvStG 2018 wird diese Frage aufgrund eines ĂĽberarbeiteten BaFin-Merkblatts v. 14.3.2025 (dazu Walter, RdF 2025, 158; Fischer, BB 2025, 1448) derzeit ebenfalls intensiv diskutiert.

Quelle:BFH, Beschluss v. 1.7.2025 - VIII R 18/22; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):

NWB EAAAJ-98591

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