Durch das Wachstumschancengesetz kommt in Deutschland nunmehr für den B2B-Bereich grundsätzlich ab 2025 die E-Rechnungspflicht. Eine E-Rechnungsübermittlung an den Endverbraucher (B2C-Bereich) bedarf auch in Zukunft der Zustimmung als Voraussetzung für die elektronische Übermittlung.
Handlungsbedarf des deutschen Gesetzgebers
Mit dem Richtlinien-Entwurf zu „VAT in the Digital Age“, kurz ViDA kommt es zur Modernisierung der bisherigen Umsatzsteuer-Richtlinie. Transaktionale Hürden, wie die lokale Mehrwertsteuer-Registrierung, sollen der Vergangenheit angehören. Mit einer Pflicht zum transaktionsbasierten E-Invoicing will die EU einen einheitlichen Standard einführen. Die ZM (Zusammenfassende Meldung) wäre dann in Zukunft nicht mehr nötig, da grenzüberschreitende E-Rechnungen, spätestens ab 2030 (derzeitige Planung), einen Datenabgleich ermöglichen. Ziel ist es, die grenzüberschreitenden Transaktionen durch die E-Rechnungsdatensätze abgleichen zu können und damit Steuerausfälle zu reduzieren bzw. zu vermeiden. Nur die elektronische Rechnung wäre zukünftig für eine Übermittlung vorgesehen. Der deutsche Gesetzgeber hat diese europäischen Ziele auf nationaler Ebene durch das Wachstumschancengesetz umgesetzt.
Einführungszeitpunkt, Übergangsfristen und Befreiungen
Für die Rechnungsstellung gelten folgende Regelungen:
Bis Ende 2026:
Rechnungsstellung auf Papier oder anderem elektronischen Format (bei Zustimmung des Empfängers) möglich (betrifft Umsätze zwischen dem 01.01.2025 und 31.12.2026).
Bis Ende 2027:
Rechnungsstellung auf Papier oder anderem elektronischen Format (bei Zustimmung des Empfängers) möglich, sofern Gesamtumsatz des Rechnungsausstellers im vorangegangenen Kalenderjahr < 800.000 € (betrifft Umsätze zwischen dem 01.01.2027 und 31.12.2027).
Bis Ende 2027 (umsatzunabhängig):
Rechnungsausstellung via anderem elektronischen Format (bei Zustimmung des Empfängers), wenn die Rechnung mittels EDI-Verfahren übermittelt wird. Dies betrifft Umsätze zwischen dem 01.01.2026 und 31.12.2027.
Von der elektronischen Rechnungsübermittlung sind die Kleinbetragsrechnungen i. S. d. § 33 UStDV, Fahrausweise i. S. d. § 34 UStDV und steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8-29 UStG befreit. Das heißt in diesen Fällen können alle Arten von Rechnungen verwendet werden. Zu beachten ist, dass diese Fristen nur für den Rechnungsversand gelten. Das heißt, Unternehmen müssen ab dem 01.01.2025 in der Lage sein, die E-Rechnung annehmen zu können.
Definition der E-Rechnung
Eine E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E).
Bei der E-Rechnung handelt es sich nicht um eine „Software“, sondern um eine standardisierte Vorgabe eines strukturierten elektronischen Formats. Dieses muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gem. RL 2014/55/EU entsprechen (CEN-Norm EN 16931). Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt werden, sind unter dem neuen Begriff „sonstige Rechnung“ zusammengefasst. Die häufig per E-Mail-Anhang versendete PDF-Rechnung ist keine E-Rechnung.
Bekannte Formate
Erlaubt sind alle Rechnungsformate, die aus strukturierten Daten bestehen, sowie solche, die teilweise strukturiert und teilweise als Bilddatei vorliegen. Ein Beispiel dafür ist das ZUGFeRD-Format. Die ZUGFeRD-Rechnung ist ein hybrides Rechnungsobjekt mit zwei inhaltlich identischen Rechnungsdaten. Der Datensatz besteht einerseits aus einem bildhaften Dokumentformat (PDF/A) und andererseits aus einem strukturierten Datenformat (XML). Mit Hilfe des vorhandenen XML-Datensatzes können rechnungsrelevante Daten direkt verwendet werden, beispielsweise zur Rechnungsprüfung oder Kontierung. Die umsatzsteuerlich relevanten Pflichtangaben sind als Pflichtfelder definiert. Daneben gibt es auch optionale Felder, um dem Kunden weitere Informationen zukommen zu lassen, z. B. Skontofristen.
Neue Rechnungsprozesse, neue Herausforderungen?
Ob debitorisch oder kreditorisch, der Rechnungserstellungs- bzw. -prüfungsprozess kann nur elektronisch erfolgen, wenn die notwendigen Daten systemseits vorhanden sind. Dabei wird in Zukunft die Datenqualität eine bedeutende Rolle spielen, um die Prozesse fehlerfrei, d. h. auch ohne menschliche Eingriffe, vollziehen zu können. Für die Unternehmen gehen damit neue Herausforderungen einher.
Über den Autor:
Dirk J. Lamprecht leitet seit 2004 die Steuerrechtsabteilung einer Göttinger Steuer- und Anwaltskanzlei und war bis 2016 Lehrbeauftragter an der Hochschule Bremen. Zudem ist er Dozent bei der Steuer-Fachschule Dr. Endriss, IHK-Prüfer und Autor.